JugendbewegungDie Erfindung der Jugendherberge
Spätsommer 1909: Eine Schülergruppe auf Wanderschaft wird von einem Unwetter überrascht und findet keine Unterkunft. Das bringt ihren Lehrer auf eine Idee – fünf Jahre später ist das Jugendherbergswerk geboren.
Im Spätsommer 1909 ist Richard Schirrmann mit seinen Schülern unterwegs auf einer achttägigen Wanderfahrt. Von Altena im Sauerland in Nordrhein-Westfalen geht es Richtung Westen nach Aachen.
Am ersten Tag kommen sie in der Scheune eines Bauern unter. Am nächsten werden sie dann von einem schweren Unwetter überrascht und fragen wieder einen Bauern, doch dessen Scheune ist voll. Schließlich suchen sie in einer Schule Unterschlupf.
Während draußen das Unwetter tobt, beschließt drinnen der Lehrer Richard Schirrmann, dafür zu sorgen, dass wandernde Jugendliche eine günstige Übernachtungsmöglichkeit bekommen sollen.
Geistesblitz im Unwetter: Herbergen extra für Jugendliche
In dieser Nacht wird die Idee der Jugendherbergen geboren. Wenig später beschreibt der Lehrer seine Idee in der Kölnischen Zeitung: Überall gebe es Volksschulen, die in den Ferien leer stehen und Platz für wandernde Jugendliche bieten könnten: "Zwei Klassenzimmer genügen, eins für Buben, eins für Mädel.“
"Jede Stadt und fast jedes Dorf hat eine Volksschule, die in den Ferien mit leeren Räumen geradezu darauf wartet, in einen Schlaf- und Speisesaal für wanderlustige Kinder verwandelt zu werden."
Sein Aufruf zeigt Wirkung: Richard Schirrmann bekommt landesweite Unterstützung und jede Menge Geld- und Sachspenden. Damit können in drei Schulen Übernachtungsmöglichkeiten eingerichtet werden. 1914 ist es dann soweit: In Altena öffnet die erste Jugendherberge mit Richard Schirrmann als Herbergsvater.
Die strengen Regeln von damals sind mittlerweile überholt und aus den teilweise baufälligen Herbergen mit großen Schlafsälen sind moderne Unterkünfte mit Zweitbettzimmern oder Familienunterkünften geworden.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Die Historikerin Barbara Stambolis erklärt den Zusammenhang zwischen dem Deutschen Jugendherbergswerk und der Deutschen Jugendbewegung am Beginn des 20. Jahrhunderts.
- Till Kössler ist Erziehungswissenschaftler und beschreibt den Wandel im Freizeitverhalten von Jugendlichen im vergangenen Jahrhundert.
- Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Jugendherbergswerks Oliver Peters erzählt vom Wandel der Jugendherbergen zu modernen Unterkünften für jedermann und jedefrau.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld blickt zurück auf die Entstehung der Jugendbewegung und deren Drang nach Naturerlebnis und Selbstbestimmung.
- Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Anna Wissmüller beschreibt die Entstehung der Idee von Jugendherbergen.