Umgang mit dem NahostkonfliktRaum für Gefühle öffnen: Jüdisch-palästinensisches Duo an Schulen
Der Krieg zwischen Israel und der islamistischen Terrororganisation Hamas in Gaza macht Angst, macht wütend, traurig und ratlos. Auch in Deutschland gibt es deshalb Konflikte. Ein jüdisch-muslimisches Duo will mit Dialogen etwas dagegen tun.
Die gute Nachricht mal gleich am Anfang: "So hoffnungslos ist es nicht!" Das sagt Jouanna Hassoun und meint damit das durch den Nahostkonflikt aufgeheizte gesellschaftliche Klima in Deutschland. Jouanna ist muslimische Deutsch-Palästinenserin und bietet zusammen mit Shai Hoffmann, jüdischer Deutscher mit israelischen Wurzeln, Gespräche über den Nahostkonflikt an Schulen an.
"Wir glauben, dass es in diesen schwierigen Zeiten besonders wichtig ist, in den Dialog zu gehen."
Eine spannende Kombi in heutigen Zeiten – und für den einen oder die andere offenbar auch eine verwunderliche: Viele Schüler*innen seien erst mal überrascht, wenn sie auftauchen, sagt Shai – auch, weil einige noch nie bewusst einen Juden getroffen haben und der nun vielleicht gar nicht so aussieht, wie sie sich das gedacht haben. Und dankbar seien sie, ergänzt Jouanna – dankbar, dass sie über ihre Gefühle sprechen und reflektieren können und dass ihnen jemand zuhört.
Mit Reden und Zuhören gegen Wut, Angst und Vorurteile
Aber von vorne. Shai und Jouanna bieten Schulen Workshops an, sogenannte Trialoge: ihre beiden unterschiedlichen Bezüge und Perspektiven und die der Schüler*innen – ausgetauscht in offenen Gesprächen. "Die Idee ist, dass wir die Unsicherheiten, das viele Unwissen, die Angst von Schüler*innen einerseits, aber auch von Lehrer*innen andererseits auffangen", erklärt Shai Hoffmann.
Mit ihren unterschiedlichen Backgrounds, die sie mitbringen, wollen sie "Räume öffnen, in denen wir wir sein können und über Gefühle reden können". Und die Bandbreite an Gefühlen und Emotionen, die ihnen in den Klassen begegnet, ist groß, ergänzt Jouanna Hassoun: "Schmerz, Wut, Verzweiflung, leider auch Panik".
"Es gibt, glaube ich, keinen anderen Konflikt auf der Welt, der erstens schon so lange vorherrscht und zweitens so viele Emotionen hervorbringt wie der Nahostkonflikt."
Auch Verwirrung begegne den beiden viel. Oft gebe es eine Einseitigkeit für Palästina oder für Israel und gleichzeitig sähen die Schüler*innen aber, dass auf beiden Seiten Menschen sterben und leiden. Im Dialog appellieren Shai und Jouanna dann an die Empathie und Menschlichkeit ihrer Gesprächspartner*innen und zeigen beide Seiten, ohne die eine oder andere abzuwerten oder zu relativieren.
Allen wichtig: gutes Leben, Akzeptanz und Respekt
Den Schüler*innen helfe das, sagen die beiden. Sie fühlen sich durch solchen Austausch sicherer in ihrer Menschlichkeit und ihrer Zugehörigkeit, glaubt Jouanna. Und das gibt ihr Hoffnung: Die Gemeinsamkeit aller ist, glaubt sie, dass sie hier in Deutschland gut gemeinsam zusammenleben wollen, sich gegenseitig respektieren und akzeptieren – als Jude, als Christin, als Muslim, mit all den unterschiedlichen Wurzeln und Nationalitäten.
Ihre Hoffnung ist, sagt Shai Hoffmann, dass die Jugendlichen von den Trialogen nach Hause kommen, davon erzählen und sich dadurch vielleicht auch bei den Eltern etwas in Bewegung setzt. Und dass ihre beider Perspektiven dabei helfen, den Nahostkonflikt für die Menschen ein wenig zu versachlichen.