JagdinstinktHunde wohl gefährlicher für Schafe als Wölfe
Eine Untersuchung legt nah: Offenbar reißen mehr wildernde Hunde als Wölfe Nutztiere wie Schafe. Das sind wohl vor allem Hunde, die frei herumlaufen, dann auf die Jagd gehen und die Halter das nicht unter Kontrolle haben.
Endlich ist er wieder da, sagen die einen. Er muss dringend wieder weg, finden die anderen: der Wolf. Für Schäfer kann er ein Ärgernis sein, wenn der Wolf Schafe reißt. Doch offenbar sind Hunde die größeren Übeltäter:
Das Landesamt für Umwelt (LfU) in Bayern untersucht gerade einige Vorfälle aus dem letzten Monitoringjahr (Mai 2021 bis April 2022). In diesem Zeitraum sind dem Amt 99 Fälle gemeldet worden, bei denen der Verdacht besteht, ein Wolf könnte die Tiere gerissen haben.
"Die Untersuchung zeigt: Mindestens genauso viele Vorfälle gehen bisher auf die Kappe von Hunden, wie auf die von Wölfen."
Die Untersuchungen sind noch nicht ganz abgeschlossen, aber schon jetzt zeigt sich, dass mindestens genauso viele Schafe durch Hunde getötet wurden wie von Wölfen. Hunden können bisher eindeutig acht Fälle zugewiesen werden, dem Wolf sieben.
Hunde töten anders als Wölfe
Ob ein Wolf oder ein Hund ein Tier getötet hat, lässt sich anhand der Verletzungen der Beutetiere herausfinden. Wölfe töten ihre Beute in der Regel mit einem Biss in die Kehle und öffnen dann den Bauchraum.
"In 90 von diesen 99 Fällen schließt die Behörde einen Wolfriss aus."
Hunde dagegen schnappen in die Hinterbeine und ins Hinterteil, es gibt meist keinen Kehlbiss und sie öffnen die Bauchdecke nicht. Außerdem sind die Bisswunden oft nicht so tief wie die des Wolfs. In 90 von diesen 99 Fällen schließt die Behörde daher einen Wolfsriss aus.
Hunde oft nicht unter Kontrolle
Die Ursache, dass viele Hunde Nutztiere reißen: Sie sind nicht angeleint, und ihre Halter*innen haben sie nicht unter Kontrolle. Wenn der Hund Schafe sieht und über den Zaun springt, kriegen das die Besitzer*innen oft sogar mit – können aber nichts mehr machen. Ein neues Phänomen ist das nicht, sagt der Schäfer und Herdenschutzexperte René Gomringer.
"Hunderisse oder Hundeüberfälle auf Schafsbestände oder sogar größere Schafherden hat es immer gegeben und wird es auch weiterhin geben."
Seiner Einschätzung nach sterben deutlich mehr Schafe durch Hunde als durch Wölfe. Um die meisten Fälle werde aber nicht so viel Aufheben gemacht wie bei Wölfen. Fest steht: Wenn der Hund ein Schaf reißt, dann müssen die Hundehalter für den Schaden aufkommen.
Leinenpflicht – auch für kleine Hunde
An vielen Orten gilt eine Leinenpflicht – es halten sich nur nicht immer alle daran.
Sie gilt auch für kleine Hunde. Diese können das Tier zwar vielleicht nicht direkt töten. Doch sie hetzen die Schafe auf, und auch dabei kommt es immer wieder zu Todesfällen, erklärt René Gomringer: allein durch das Hin- und Hertreiben, durch das Treiben in Bäche, in denen die Tiere dann ertrinken, oder durch das Treiben an Mauern oder an feste Zäune. Schafe können sich so schwer verletzen oder sterben.
Hunde springen über Zäune – Wölfe eher nicht
Für die Landwirt*innen ist es schwierig, ihre Weidetiere besser vor Hunden zu schützen, sagt René Gomringer. Denn während gegen einen Wolf oft ein Elektrozaun hilft – die meisten Wölfe können nicht über Zäune springen – ist er bei Hunden oft kein ausreichender Schutz.
"Die meisten Wölfe können nicht über Zäune hinüberspringen, weil sie das nicht gelernt haben."
Sie können so einen Zaun schnell mal überspringen und stehen dann auf der Weide. Ein Herdenschutzhund könnte in diesen Fällen helfen, doch diese sind in Deutschland bisher nicht üblich.