Mammutprozess in Italien2200 Jahre Haft für die Mafia

Seit Anfang Anfang 2021 lief einer der größten Mafiaprozesse der Geschichte Italiens: In Lamezia Terme in Kalabrien im Süden des Landes wurde gegen die 'Ndrangheta, die größte Verbrecherorganisation Italiens, verhandelt. Für die rund 300 Angeklagten hatte die Staatsanwaltschaft insgesamt 4700 Jahre Gefängnis gefordert – 2200 Jahre wurden jetzt tatsächlich verhängt.

Einige der Angeklagten haben nur geringe Strafen bekommen – andere höhere. Dazu gehören etwa zwei örtliche Bosse der 'Ndrangheta in Kalabrien, der Heimat der Mafiaorganisation. Beide wurden zu jeweils 30 Jahren Haft verurteilt, das war die Höchststrafe.

Großes Netzwerk der 'Ndrangheta

Es wurden aber nicht nur Mitglieder der 'Ndrangheta angeklagt, sondern auch derenm Helfer. Und davon gibt es einige in der italienischen Politik. Verurteilt wurde jetzt ein ehemaliger Abgeordneter der Partei Forza Italia, Giancarlo Pittelli, der für die Mafia tätig war – und zwar zu elf Jahren Gefängnis. Zum Netzwerk der 'Ndrangheta gehören aber auch Finanzbeamte, Polizistinnen, Notare, Anwältinnen oder Unternehmer.

"[Zur 'Ndrangheta gehören] Menschen, die sehr einflussreich sind in der Gesellschaft. Die haben eben versucht, dass man besser an Aufträge drankommt oder auch ein Auge zugedrückt bei gewissen Dingen."
Elisabeth Pongratz, ARD-Studio Rom

Die 'Ndrangheta ist bekannt dafür, dass sie Menschen einschüchtert, berichtet unsere Korrespondentin Elisabeth Pongratz. Es wurden beispielsweise Autos in Brand gesteckt, Geschäfte zerstört – oder Menschen verschwanden einfach spurlos.

Wichtiger Schlag gegen die Mafia

Dass es diesen Mammutprozess jetzt gab – in etwa 200 Fällen wurden die Urteile gesprochen – sieht unsere Korrespondentin als wichtigen Schlag gegen die Mafiaorganisation. Die 'Ndrangheta bestimme den Alltag der Menschen in Kalabrien massiv.

"Ich war im Frühjahr selber dort in der Gegend [Kalabrien], habe mit vielen gesprochen und dann kam schon raus: Die 'Ndrangheta bestimmt den Alltag dort. Man kann eigentlich nirgendwo ein Geschäft eröffnen, wo nicht irgendjemand von dieser Organisation mit dabei ist."
Elisabeth Pongratz, ARD-Studio Rom

Es sei wichtig, dass der Staat Italien dort jetzt Flagge gezeigt hat, dass der Prozess in Gang gesetzt wurde und dass jetzt auch Urteile gegen die Verbrecher gefallen sind. Ob sich dadurch allerdings langfristig etwas an der Situation und am massiven Einfluss der Mafia-Clans ändern wird, ist unklar. Viele Experten sind da skeptisch.