IranWie Deutsch-Iranerinnen auf die Proteste schauen
Seit mehr als acht Wochen protestieren Menschen im Iran gegen die Regierung – und riskieren dabei ihr Leben. Manche sprechen von einer Revolution. Die Deutsch-Iranerinnen Dena und Kiana erzählen, wie diese Proteste sie in Deutschland bewegen. Außerdem versuchen sie, die Protestierenden mit allen Mitteln zu unterstützen: Mit Kundgebungen, Illustrationen, Social-Media-Postings und Protestsongs wollen sie die Weltöffentlichkeit auf die Lage im Iran aufmerksam machen.
Madanii ist Dena Zarrins Künstlername unter dem sie als Musikerin Songs veröffentlicht und auf der Bühne steht. Zum Zeitpunkt, als die Proteste im Iran begonnen haben, war Dena gerade im Studio, um an eigenen Songs zu arbeiten. Kurzerhand entschied sie sich dazu, einen Song zu veröffentlichen. Der Song heißt "Teheran is burning" und basiert auf dem bekannten iranischen Lied "Pāiz āmad" (Der Herbst ist da). Sie hat den Song dann auf ihrem Instagram-Kanal veröffentlicht, um auf die Situation im Heimatland ihrer Eltern aufmerksam zu machen.
"Ein so passendes Bild, wenn man auf die Proteste schaut: Weil es ist düster, es ist furchtbar, was gerade passiert, aber was uns antreibt, was die Menschen im Iran antreibt, ist die Hoffnung."
"Pāiz āmad" ist ein hoch metaphorisches Lied, sagt Dena, das mit Blick auf den Herbst dessen Düsterkeit beschreibt. Trotzdem sei es ein hoffnungsvolles Lied, weil es auch den Fokus auf den Frühling legt, der zweifellos auf die dunklen Jahreszeiten folgt. Für Dena spiegelt dieses Lied bestens die Stimmung wider, die zurzeit im Iran herrscht.
Dena ist in München geboren. Ihre Eltern sind in den 1980er-Jahren aus dem Iran geflohen, vor der Führungsriege, die damals an die Macht gekommen ist und auch heute noch an der Macht ist.
Proteste gegen das Regime gebe es schon lange, sagt Dena. Den Grund dafür, dass wir beispielsweise hier in Deutschland nichts davon mitbekommen und nicht darüber gesprochen haben, liege wohl daran, dass diese Proteste möglicherweise immer wieder schnell zu einem gewaltvollen Ende kamen, sagt sie.
Derzeitige Proteste vereinen Menschen mit unterschiedlichen Interessen
Was die derzeitigen Proteste von den vorherigen unterscheide, sei, so Dena, dass sie Menschen verschiedener Generationen, verschiedener Geschlechter und verschiedener Ethnien in sich vereinen.
"Ich wollte das [Lied] auf irgendeine Art und Weise verfügbar machen und verbreiten, um mich mit den Protestierenden solidarisch zu zeigen."
Über die aktuellen Ereignisse im Iran informiert sich Dena, indem sie die Nachrichten und Postings auf bestimmten Social-Media-Kanälen verfolgt. Videos, in denen brutale Gewalt gezeigt wird, beispielsweise wie Menschen zu Tode kommen, sieht sie sich bewusst nicht an. Nicht, um die Augen vor den Tatsachen zu verschließen, sondern weil es niemandem hilft, wenn sie dadurch ihre Energie verliere, um sich weiter dafür einzusetzen, dass möglichst viele Menschen über die Geschehnisse informiert werden.
"Das Einzige, worum uns die Iraner bitten, ist: 'Be our voice'."
Kiana Naghshineh wurde in Mannheim geboren. Sie lebt inzwischen in Stuttgart und arbeitet unter anderem als Illustratorin. Ihre Eltern mussten den Iran verlassen, weil ihr Vater Ende der 1970er- bis Anfang der 1980er-Jahre politisch aktiv war.
Kiana sagt, dass sie sehr persisch aufgewachsen ist, zu Hause wurde nur Farsi gesprochen, es gab Iranisches essen und sie bekam schon früh mit, dass ihre Eltern ihr Heimatland nicht freiwillig verlassen hatten. Wenn sie über ihr Heimatland sprechen, schwingt auch immer eine gewisse Melancholie mit. Dass es Proteste im Iran gibt, überrascht Kiana nicht, weil sie auch immer die Wut der Menschen gegenüber der Regierung gespürt habe, sagt sie.
Mit Illustrationen auf die gegenwärtige Situation aufmerksam machen
Mit den Stories und Videos, die Kiana zu Beginn der Proteste in den sozialen Medien geteilt hat, konnte sie nicht so viele Menschen erreichen, wie sie gerne gewollt hätte. Vor allem hat sie diejenigen erreicht, die ohnehin über die Situation informiert waren.
Als ihr das bewusst geworden ist, hat sie überlegt, weshalb ihr die Menschen auf Instagram folgen. Seitdem postet sie hauptsächlich Illustrationen, mit denen es ihr gelingt, die Unterdrückung, die im Iran herrscht, mit anderen Mitteln zu transportieren.
Die Leute, die protestieren waren, werden anhand von Videoüberwachung identifiziert und nachts von zu Hause mitgenomen. Das heißt, den Eltern wird in ihrem eigenen Zuhause das Kind weggerissen."
Kiana sagt, sie wünsche sich, dass wir nicht müde werden, Inhalte zu posten und Nachrichten zu teilen. "Be our voice" – das sei das Einzige, worum die Iranerinnen und Iraner uns bitten, sagt sie. Und das ist aus Kianas Sicht so einfach, weil wir es von zu Hause aus auf unseren Sofas sitzend tun könnten.