Ein Leben in BagdadMafi muschkile. Kein Problem.
Ein ehemaliger Diplomat erzählt wie er als Beamter unter Saddam Hussein wegen seines politischen Widerstand verurteilt, schließlich durch den Einmarsch der Amerikaner wieder befreit wird und dennoch nicht glücklich ist mit der Situation.
Nail Al Saidi hat eine Onkel im Irak, Onkel Anis. Sie haben sich zuletzt 1983 in Deutschland gesehen, als der Onkel zu Besuch war. Lange hatte Nail nichts von seiner Verwandtschaft im Irak gehört, aber schließlich haben sie sich über Facebook wiedergetroffen.
„Wir glauben mehr an uns, anders als die Regierung!“
Ein Witz über die irakische Regierung. Dafür hätte man Anis Al Saidi früher gehängt. Damals als Saddam Hussein und die Baath-Partei noch an der Macht waren. Er war damals selber Teil der Regierung, als Diplomat im irakischen Außenministerium. In der Pressestelle hat Anis Kontakt zu den großen deutschen Tageszeitungen gehalten, er war als Berater in Afrika und Europa unterwegs und hat sich bei Staatsbesuchen um das Protokoll gekümmert. Doch 1990 ging seine Karriere als Diplomat schlagartig zu Ende, als die irakische Armee ins Nachbarland Kuwait einmarschierte.
„Ich war der Meinung, dass die Besetzung Kuwaits barbarisch ist und dass man einen Streit zwischen benachbarte Länder nicht auf dem Kriegsweg lösen kann.“
Es folgte der 2. Golfkrieg: eine Allianz aus Amerika und arabischen Ländern, die zusammen Kuwait befreiten. Der Irak wurde mit Wirtschaftssanktionen bestraft. Und Onkel Anis kam für seinen politischen Widerstand ins Gefängnis.
„Ich wurde zum Tode verurteilt. Kurz darauf haben sich Freunde eingemischt, denn ich habe viele Beziehungen gehabt im Irak.“
Freunde konnten ihm dabei helfen, dass das Gerichtsurteil nicht vollstreckt wurde. Aber er wurde mundtot gemacht. Aus dem Diplomaten wurde ein Kioskbesitzer. Er stand unter Hausarrest und durfte sein Viertel nicht mehr verlassen.
Und dann kamen 2003 die Amerikaner. Und obwohl nach dem Sturz der Regierung die Strafe gegen den Onkel aufgehoben wird und sich vieles ändert, ist Anis nicht glücklich darüber.
„Ich hatte mir gewünscht, dass Saddam durch die Hände der Iraker gestürzt wird und nicht durch eine Besetzung der Amerikaner. Die Besatzung hat im Irak so viel Schlimmes verursacht.“