Szenario: Netz-BlackoutWas, wenn das Internet deutschlandweit über Tage down ist
Es ist zwar sehr unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich: ein deutschlandweiter Internetausfall über mehrere Tage. Sollte das passieren, würden wir unser normales Leben kaum fortführen können.
Wir sind alle ständig online, das Internet bestimmt unseren Alltag. Gerade jetzt in Zeiten einer Pandemie spielt sich bei vielen von uns privat aber auch beruflich mehr online als offline ab. Und auch ohne eine Pandemie sind ganze Wirtschaftszweige auf die Vernetzung über das Internet angewiesen. Doch was wäre, wenn das Internet von jetzt auf gleich in Deutschland down wäre und das über mehrere Tage?
Ziemlich wahrscheinlich würde schnell das Chaos ausbrechen, weil die Menschen sehr verunsichert wären, sagt Jaro Krieger-Lamina, der dazu als Experte für IT-Sicherheit an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften forscht.
"Nach meiner Einschätzung ist natürlich nach ein paar Stunden Chaos. Hauptsächlich durch die Verunsicherung, weil niemand weiß, was los ist."
In einem aktuellen Forschungsprojekt "Was geht ohne Internet?" wollen er und seine Kollegen das Szenario eines Internet-Ausfalls möglichst genau nachzeichnen.
Kaum mehr Kommunikation möglich
Das größte Problem: Unsere gewohnten Kommunikationswege über Whatsapp oder andere Soziale Medien würden wegbrechen. Genauso könnten wir weder über das Smartphone noch über einen Festnetzanschluss telefonieren, erklärt Jaro Krieger-Lamina.
"Wenn einem Großteil der Leute das Internet ausfällt, dann gibt es ein Problem in dem Netz, über das auch die Mobiltelefonie- und großteils auch die Festnetztelefonie abgewickelt wird."
Im Gegensatz zu früher, wo es noch Kupferzweidrahtleitungen gab, die direkt an den Telefonapparat angeschlossen waren, gibt es heute kaum noch getrennte Leitungen zwischen Mobil- und Festnetztelefonie. Das betrifft uns natürlich im Privaten, aber vor allem auch Unternehmen, die dann intern und extern nicht mehr kommunizieren können.
Online-Banking adé
Auch das Bank- und Geldwesen wäre von einem Internetausfall betroffen. Zwar sind beispielsweise die Filialen und Geldautomaten der Sparkassen teilweise über eigene Netze mit einem Rechenzentrum verbunden, allerdings könnte es sein, dass die Unternehmen, die die Geldautomaten befüllen, ohne Internet nicht richtig arbeiten könnten, sagt der Sparkassen- und Giroverband.
Wir könnten uns also durchaus einmal überlegen, in welchen Bereichen wir online abhängig sind, rät Wolfram Geier, der beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe für das Risikomanagement zuständig ist. Beispielsweise könnte man immer etwas Geld im Sparschwein zuhause aufbewahren, das hätte man dann im Katastrophenfall bei sich.
"Als Bürger muss ich mir überlegen, wo bin ich eben onlinemäßig abhängig von bestimmten Dingen, die mir bei einem Ausfall Schwierigkeiten bereiten."
Wenig Einfluss haben wir dagegen auf das Gesundheitssystem, das ebenfalls enorm von einem funktionierenden Internet abhängig ist.
Nachschub an Medikamenten kann schnell fehlen
Zwar kann eine Ärztin einen Patienten grundsätzlich auch behandeln, wenn es gerade kein Internet gibt. Handelt es sich aber um einen komplexeren Fall, bei dem medizinische Geräte in Gebrauch sind, könnte es schon schwieriger werden. Denn viele der Geräte werden extern über das Netz gewartet. Bei einem längeren Blackout könnten auch diese Geräte nicht mehr richtig funktionieren oder ganz ausfallen.
Und auch die Krankenhaus-Apotheke kann bei einem Internetausfall schnell an ihre Grenzen kommen, da wichtige Medikamente nicht mehr nachbestellt werden könnten. Laut den Informationen, die Jaro Krieger-Lamina vorliegen, seien die Lagerbestände bereits nach ein paar Tagen aufgebraucht.
Internetausfall in Deutschland: ziemlich unwahrscheinlich
Doch wie wahrscheinlich sind diese Szenarien wirklich? Verschiedene Experten sind sich hier einig: sehr unwahrscheinlich. Wolfram Geier sieht Deutschland aufgrund seiner geografischen Lage als abgesichert an – ganz ausgeschlossen sei eine derartige Störung aber nie.
"Deutschland ist aufgrund seiner geografischen Lage und aufgrund der vorhandenen Netzstruktur eher sicher. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass es zu so einer Störung kommen kann."
Mögliche Ursachen für einen Internet-Blackout sind ein großangelegter Hacker-Angriff oder ein deutschlandweiter Stromausfall. Der würde dann allerdings noch zu viel schlimmeren Problemen führen.
Trotz der Unwahrscheinlichkeit sollten wir die Gefahr aber ernst nehmen, sagt Wolfram Geier. Krankenhäuser, Telekommunikations-Unternehmen und andere Bereiche der sogenannten kritischen Infrastruktur hätten für den Blackout Notfall-Pläne in der Schublade. Aber auch anderen Unternehmen und Organisationen, die stark vom Netz abhängig sind, empfiehlt Wolfram Geier einen Notfallplan zu entwickeln.