ArtenvielfaltInsekten sind bedroht - aber nicht alle gleich stark
Nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt geht die Zahl der Insekten tendenziell zurück. Das zeigt nun eine neue Studie. Doch nicht alle Insekten sind betroffen. Es gibt auch Gewinner unter ihnen.
In Deutschland und in Teilen Nordamerikas sind bislang am meisten Insekten verschwunden. Das ist das Ergebnis einer großen Studie, die im Fachmagazin Science erschienen ist. Beteiligt war unter anderen auch das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung.
Insekten werden in Kilogramm erfasst
Die Insekten werden in der Studie in Kilogramm angegeben. Denn es ist einfacher, kleine Insekten mit Fallen zu fangen und nach dem immer gleichen Schema auszuwiegen, anstatt sie einzeln auszuzählen, sagt Anne Preger von den Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten. So oder so ist klar: Es ist ziemlich aufwendig, verlässliche Aussagen über die Zahl oder Biomasse von Insekten zu treffen.
"Die Forschenden haben Daten aus 166 Langzeitstudien gesammelt und festgestellt: Unter den Insekten gibt es Verlierer und Gewinner."
Die Forschenden dieser Studie haben die Insekten allerdings weder selbst gefangen noch gewogen, sondern haben Tausende Studien aus der ganzen Welt gesichtet. Am Ende haben sie Daten aus 166 Langzeitstudien mit hoher Datenqualität ausgewählt, sagt Anne Preger.
Verlierer sind Land-Insekten
Nicht alle Insekten sind gleich schwer betroffen. Laut den Forschenden gibt es unter den Insekten Gewinner und Verlierer. Am stärksten leiden alle Insekten, die an Land leben und darüber flattern, sagt Anne Preger. Also zum Beispiel Schmetterlinge, Heuschrecken oder Ameisen.
"Global betrachtet geht die Zahl der Insekten jedes Jahr um ein knappes Prozent zurück. Das könnte bedeuten: In 75 Jahren gibt es nur noch halb so viele Insekten wie jetzt."
Laut der Studie geht die Zahl der Insekten jedes Jahr um ein knappes Prozent zurück. Bemessungsgrundlage ist jedoch nur die Anzahl der Insekten. Und das ist auch ein Punkt an der Studie, der von anderen Insektenforschenden kritisiert wird, sagt Anne Preger.
Keine Aussagen über Artenvielfalt
Es könnte sein, dass die Biomasse, also die Zahl der Insekten, deswegen noch vergleichsweise hoch bleibt, weil sich bestimmte, anpassungsfähige Allerweltsarten oder landwirtschaftliche Schädlinge stark ausbreiten. Ein aktuelles Beispiel dafür ist etwa der Rapsglanzkäfer. Oder Heuschrecken, die für Plagen in Afrika sorgen. Die Studie verrät nicht, wie sich die Artenvielfalt bei den Insekten weltweit entwickelt, sagt Anne Preger. Also: Welche Insektenarten in den vergangenen Jahrzehnten seltener geworden oder sogar ausgestorben sind.
"Leider gibt es offenbar kaum Daten aus Südamerika, Afrika oder Australien. Auch diese Überblicksstudie hat auf der Weltkarte große blinde Flecken."
Was die Forschenden aber feststellen konnten: Es gibt auch Insekten, die wieder vermehrt vorkommen. Und zwar solche, die zumindest einen Teil ihres Lebens im Süßwasser verbringen, erklärt Anne Preger. Das sind zum Beispiel Libellen, Wasserläufer oder Köcherfliegen. Von solchen Süßwasser-Insekten gibt es an vielen Orten wieder mehr als noch vor ein paar Jahrzehnten. Grob sind es im Schnitt ein Prozent mehr pro Jahr.
Erholung ist möglich
Warum das so ist, können die Forschenden nicht genau beantworten. Möglicherweise liegt es daran, dass viele der verwendeten Langzeitstudien schon in den 70er oder 80er Jahren gestartet wurden. Damals war die Wasserqualität in vielen Gewässern der jeweiligen Untersuchungsländer deutlich schlechter als heute, sagt Anne Preger. Damals gab es noch weniger Kläranlagen, schwache Umweltgesetze und mehr kanalisierte Bäche.
Zwar sind sich die Forschenden nicht sicher, ob die Wasserqualität das Insektenwachstum gefördert hat, aber sicher ist: Erholung ist möglich.