Konsumrausch nach Corona?Welche Folgen eine Inflation hätte
Im Netz warnen gerade viele Finanzexperten – seriöse und unseriöse – vor einer neuen Inflation als Folge der Corona-Einschränkungen. Das schürt Ängste. Wir haben uns erklären lassen, ob die Gefahr wirklich so groß ist und was eine Inflation für uns konkret bedeuten würde.
Ins Restaurant gehen, shoppen oder Urlaub machen – das alles ging und geht während der Pandemie nicht oder nur sehr eingeschränkt. Weil viele Menschen also in der Regel Geld zur Seite gelegt haben, machen sich jetzt viele Experten – zum Beispiel der Börsenjournalist Stefan Riße – Gedanken, dass die Preise in die Höhe schießen könnten, wenn die Läden wieder in der Breite aufmachen dürfen.
Konsumrausch und Inflation
In der Tat könnte es bald einen richtigen Konsumrausch geben, sagt Wirtschaftsjournalist Victor Gojdka. Und wenn die Menschen in Kauflaune sind, sei das ein geeigneter Moment, die Preise zu erhöhen – das wüssten die Unternehmen natürlich auch.
"Weil die Menschen in der Pandemie kräftig gespart haben, machen sich jetzt viele Sorgen, dass die Preise noch stärker steigen könnten."
Manche Expertinnen und Experten hielten es für wahrscheinlich, dass die Inflation im Sommer kurzzeitig bei bis zu drei Prozent liegt. Wenn es so kommen sollte: Drei Prozent hat es zwar schon lange nicht mehr gegeben – eine Hyperinflation ist es aber auch nicht, sagt Victor Gojdka.
Inflationsrate aktuell bei 0,9 Prozent
Inflation bedeutet: Unser Geld ist weniger wert und die Waren werden teurer. Die Jahresinflationsrate im Euroraum lag im Februar (wie schon im Januar) bei 0,9 Prozent. Ein Prozent Inflation heißt: Die Produkte sind im Schnitt ein Prozent teurer als noch vor einem Jahr. Wenn ihr im März 2020 hundert Euro auf den Tisch gelegt habt, wären es jetzt also 101 Euro.
Ob es einen dauerhaften Inflationsanstieg geben wird, ist umstritten. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat als mittelfristiges Ziel jedenfalls eine Inflation von knapp zwei Prozent ausgegeben. Dieses Ziel wird aber seit Jahren verfehlt. Gestern (11. März 2021) hat der EZB-Rat in Frankfurt am Main beschlossen, sich in der Corona-Pandemie alle Maßnahmen offen zu halten: Sowohl das milliardenschwere Notkaufprogramm für Anleihen als auch die Zinsen bleiben erst einmal unverändert – der Leitzins im Euroraum also auf dem Rekordtief von null Prozent.
Purzelnde Preise auch nicht ideal
Die EZB habe sich das Ziel von knapp zwei Prozent Inflation bereits vor 20 Jahren gesetzt, erklärt Victor Gojdka. Weil sie davon überzeugt ist, dass zu wenig Inflation auch gefährlich ist – denn dann gibt es wenig Sicherheitspuffer nach unten. Dann können die Preise auch mal ins Negative kippen und fallen. Für die Verbraucher klingt das zwar das erstmal toll, wenn alles billiger wird – für die Wirtschaft ist dann aber "richtig Alarm angesagt", so Victor Gojdka.
"Die EZB sagt: Zu wenig Inflation ist auch gefährlich."
Die Kunden schieben Käufe dann nämlich nach hinten, weil sie auf noch niedrigere Preise hoffen. Sie sagen: Warum soll ich mir jetzt eine Waschmaschine für tausend Euro kaufen, wenn sie in einigen Wochen oder Monaten noch billiger ist? Genau dadurch wird dann aber die Wirtschaft abgewürgt und genau das will die EZB verhindern.
Dass es der Wirtschaft gut geht, liegt auch ein bisschen im Interesse der privaten Sparer, die die sinkenden Preise im ersten Moment toll finden, sagt Victor Gojdka. Denn sie sind ja auch Arbeitnehmer und haben nichts davon, wenn es dem Unternehmen nicht gut geht.
Keine guten Aussichten für Sparer
Trotzdem: Auf lange Sicht sei die angedachte Zwei-Prozent-Inflation für Sparer "richtig happig", erklärt der Wirtschaftsjournalist. Beispiel: Angenommen wir legen einen Bonus von tausend Euro, den wir gerade von unserem Chef bekommen haben, auf ein Konto. In 30 Jahren liegen da zwar immer noch – auf dem Papier – tausend Euro. Weil aber bis dahin alles viel teurer geworden ist, könnten wir uns damit nicht ansatzweise das kaufen, was wir heute dafür bekämen: Das, was uns heute hundert Euro kostet, würde uns dann schon knapp 200 Euro kosten, rechnet Victor Gojdka vor.
"Auf lange Sicht ist die von der EZB angestrebte Zwei-Prozent-Inflation für Sparer richtig happig."
Wegen des historisch niedrigen Leitzinses wird unser Geld, das wir auf der Bank haben, leider gerade auch nicht mehr. Um zu verhindern, dass es weniger wird, werden "in manchen Online-Videos die lustigsten Dinge empfohlen", sagt Victor Gojdka – zum Beispiel, sich als Wertanlage Diamanten, Whisky oder Waldstücke zu kaufen. Von solchen "völlig intransparenten Märkten" sei aber unbedingt abzuraten, so der Börsenjournalist.
Besser Aktien statt Whisky
Auf lange Sicht werden Anleger ihr Geld wohl am besten mit Aktien vor Inflation schützen können, sagt er. Aber auch das sei nur eine langfristige Investition. Zu sagen "Im Sommer gibt es drei Monate Inflation, da investiere ich mal drei Monate in Aktien", funktioniere natürlich nicht. Der Inflationsschutz von Aktien habe sich stets nur dann als wirksam erwiesen, wenn Anlegerinnen und Anleger 15, 20 oder 30 Jahre dabei geblieben seien und dabei auch immer weltweit investiert hätten.