InflationWie sich die Wirtschaft im neuen Jahr entwickelt
Strom- und Gaspreise haben 2021 ein Rekordhoch erreicht. Baumaterialien wie Metalle oder Holz sind derzeit Mangelware und deshalb extrem teurer. Dass sich die wirtschaftliche Lage im neuen Jahr entspannt, hält Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven für unwahrscheinlich.
Die Inflationsrate wird weiter hoch bleiben. Davon ist Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven überzeugt. "Zuletzt hatten wir in Deutschland knapp fünf Prozent Inflation, in den USA lag sie bei sieben Prozent. 2022 wird sie nicht ganz so hoch sein, aber mit 3,5 Prozent muss man auch im neuen Jahr schon rechnen."
Europäische Zentralbank verdoppelt Prognose für Inflation 2022
Die Prognose ergibt sich für Nicolas Lieven aus der Tatsache, dass selbst die Europäische Zentralbank 3,2 Prozent Inflation für das kommende Jahr voraussagt. Das ist doppelt so hoch wie die ursprüngliche Prognose, erklärt der Wirtschaftsjournalist. "Die EZB hatte gesagt, dass es sich durch das Auslaufen der Mehrwertsteuersenkung 2022 einruckeln würde. Wir wissen jetzt, dass es nicht so kommt."
Dafür gibt es dafür verschiedene Gründe: Die Wirtschaft erholt sich gerade. Deswegen fragen viele Unternehmen nach Rohstoffen. Knappheit gibt es bei Baustoffen wie Zement, Holz und so weiter.
"Es gibt Lieferengpässe. Vielerorts fiel die Produktion aus. Das ist zum Beispiel in China so. Bei einem Corona-Fall schließt das Land den Hafen und die Produktionsstätten."
Auch seien die Transportkosten stark gestiegen. Für den Transport eines Containers von China nach Europa zahlt man inzwischen 16.000 Dollar. Vor ein paar Monaten waren es nur 2000. Dass vielerorts die Halbleiterchips fehlen, liege nicht nur daran, dass die Produktion nicht hinterherkam, sagt Nicolas Lieven.
Halbleiterchips fehlen der Autoindustrie
"Es gab auch Missmanagement, zum Beispiel in der Autoindustrie. Als Corona ausbrach, haben die gedacht: 'Wir werden nicht so viele Autos produzieren, weil wir das in diesem Jahr nicht schaffen.' Deswegen wurden weniger Halbleiterchips bestellt" so Lieven.
Deswegen wurden die kleinen Elektroteile zur Speicherung von anderen Firmen aufgekauft, zum Beispiel um Laptops herzustellen. Wir erinnern uns: Zu Beginn der Pandemie wurden nach der Umstellung aufs Homeoffice viele neue leistungsstarke Laptops benötigt.
"Wenn die Inflation steigt, müssten auch die Gehälter steigen, ist die Meinung vieler Menschen."
Nicolas Lieven schätzt die aktuelle Entwicklung der Inflation als problematisch ein: „Wenn die Inflation steigt, müssten auch die Gehälter steigen, ist die Meinung vieler. In der Vergangenheit sind die Gehälter moderat geblieben. Allerdings wurde für die Verhandlungsrunden mit den Gewerkschaften viel angekündigt."
Die Gewerkschaften fordern, dass die Leute mehr Geld für die Arbeit erhalten. Möglicherweise setzt sich mit dem Steigen der Löhne eine Spirale in Gang, vor der viele Fachleute gewarnt haben. Das bedeutet, die Inflation kommt nicht mehr zurück, sondern die Löhne werden steigen, dadurch werden die Preise angeheizt.
Auch EZB ist mitverantwortlich
Für die Entwicklung sei allerdings auch die EZB mitverantwortlich, erklärt Nicolas Lieven. "Die EZB hat im vergangenen Jahr so viel billiges Geld in Märkte gespült. Das Geld holt sie jetzt nicht zurück. Die EZB hat Nullzinspolitik betrieben und Staatsanleihen gekauft. Dieses Geld ist noch im Umlauf."
Seine Prognose für das Geschäftsjahr 2022: "So lange man da nicht eingreift, solange man das Geld nicht aus den Märkten holt – wie es die Amerikaner zum Beispiel getan haben – sehe ich für Deutschland zumindest grau."