Ig-NobelpreisWissenschaft erklären mit Humor
Von der Temperatur menschlicher Hoden und gefährlichen Bakterien auf Bargeld: Forschende präsentieren ihre Arbeit in der Regel mittels seitenlanger, trockener wissenschaftlicher Publikationen. Sie können aber mehr als sich kompliziert auszudrücken: Beim Ig-Nobelpreis beweisen sie Humor.
In dem eindrucksvoll holzgetäfelten Sanders-Theater der Harvard-Universität finden sonst grundlegende Seminare der Elite-Uni statt. Einmal im Jahr nutzt das Who's Who der internationalen Wissenschaft das Theater, um ihre Forschungserkenntnisse im Kostüm vorzustellen.
Während der Zeremonie des Ig-Nobelpreises gibt es klare Regeln: Zum Start wirft das Publikum traditionell Papierflieger auf die Bühne des Theaters, die auf einen menschlichen Fehler zielen. Also eine reale Person in Schutzkleidung.
Die Wissenschaftlerinnen sind bei ihrem Vortrag oft verkleidet und erklären ihre Studien sketchartig mit vielen Hilfsmitteln. Für ihre Präsentation haben die Forschenden exakt 60 Sekunden Zeit. Überschreiten sie diese Vorgabe, kommt ein kleines Mädchen auf die Bühne und bittet sie darum, aufzuhören – weil sie gelangweilt ist.
Spätestens hier ist klar: Beim Ig-Nobelpreis geht es in erster Linie nicht nur darum, Forschende für ihre Arbeit auszuzeichnen: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sonst sehr viel Zeit im Labor verbringen, sollen hier ihre humoristische Seite zeigen und in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken.
"Es wirkt phasenweise schon so, wie der emotionale Ausbruch von Leuten, die sehr viel Zeit im Labor verbracht haben. Die aber auch sehr schlau sind und sonst einfach nicht eine würdige Bühne bekommen."
Der Name Ig-Nobel ist nämlich ein Wortspiel und leitet sich vom englischen Wort "ignoble" ab, was übersetzt unwürdig, schmachvoll oder schändlich bedeutet. Damit ist er eigentlich ein Antipreis. Die Verleihung dient aber nicht dazu, Forschende zu demütigen, sondern scheinbar kuriose Forschungserkenntnisse zu würdigen.
Die Ig-Nobel-Preisträger 2019
In diesem Jahr hat das Ig-Nobel-Komitee zum Beispiel ein Projekt aus Frankreich ausgezeichnet, bei dem es um Temperatur-Ungleichmäßigkeiten am Hodensack von Postboten ging. Für die Studie waren sie mal nackt und mal angezogen. Deutsche Preisträger gibt es auch: Uniprofessor Andreas Voss und sein Sohn haben untersucht, welche Geldscheine weltweit besonders viele Bakterien übertragen.
Wissenschaft mit Humor mainstreamtauglich machen
Die Veranstaltung zeigt, wie merkwürdig Studien auf den ersten Blick erscheinen können. Ihre Bedeutung für die Zukunft sollte trotzdem nicht unterschätzt werden: Viele der Ig-Nobel-Preisträger sind tatsächliche Nobelpreisträger.
Für die Verhaltensbiologin Elisabeth Oberzaucher ist der Ig-Nobel-Preis ein Türöffner. Sie hat den humoristischen Preis 2015 erhalten und sagte der Wissenschaftszeitschrift "Forschung und Lehre" in einem Interview, das Menschen eher breit dazu seien, sich mit einem Thema intensiv zu beschäftigen, wenn sie darüber auch lachen könnten.
Kinder-Unis gehen deshalb oft den Weg des Humors und erklären wissenschaftliches Denken und Arbeiten mittels lustiger Experimente. Das wiederum fördere den Austausch zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit.