KrankheitsangstHypochondrie: Den Leidensdruck Betroffener ernst nehmen

Bei Hypochondrie ist der Leidensdruck oft groß. Deswegen sollten wir Betroffene ernst nehmen. Wie wir uns am besten verhalten können, weiß Psychosomatiker und Psychiater Bastian Willenborg.

Die große Angst, schwerkrank zu sein, ist auch als Hypochondrie bekannt. Betroffene verbringen in der Regel sehr viel Zeit damit, sich über eine mögliche Erkrankung zu informieren und deswegen auch verschiedene Ärzt*innen aufzusuchen.

Alles dreht sich ums Kranksein

Ein wesentliches Merkmal dieser Krankheitsangst ist, dass sich Betroffene oft weiter mit ihren vermeintlichen Erkrankungen auseinandersetzen, auch nachdem Untersuchungen gezeigt haben, dass sie körperlich gesund sind.

"Dann bin ich zwar kurzfristig beruhigt, aber wenn ich aus der Praxis rausgehe, kommt schon der Gedanke: Der hat nicht richtig geguckt. Eigentlich wollte ich doch ein MRT haben – warum ist das nicht angesetzt worden?", erklärt Bastian Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie um Psychotherapie die Gedankenwelt Betroffener.

"Wenn man sich um Krankheiten Sorgen macht, ist man relativ gut beschäftigt und kann sich über andere Dinge weniger Gedanken machen."
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie um Psychotherapie

Die Betroffenen sollten in ihrer Sorge allerdings ernst genommen werden. Denn: Sie sind erkrankt. Nur nicht an der Krankheit, vor der sie Angst haben, sondern an Hypochondrie. Sätze wie "Sei doch froh, du hast doch nichts" sind daher falsch und helfen nicht weiter, sagt Bastian Willenborg. Der Leidensdruck der Betroffenen würde viel zu selten wahrgenommen.

"Ich glaube, es ist zu wenig bekannt, wie stark die Menschen leiden."
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie um Psychotherapie

Eine Psychotherapie kann im Umgang mit Hypochondrie helfen. Dabei lernen Betroffene zum Beispiel, nur zu den Untersuchungen zu gehen, die sinnvoll sind. Bei der Sorge vor einer Krebserkrankung sind das beispielsweise Vorsorgeuntersuchungen, zu denen sie regelmäßig gehen sollten. Sie sollten aber nicht einen flüchtigen Gedanken über eine Krankheit jedes Mal zum Anlass nehmen, einen Arzt aufzusuchen.

Krankheitsangst als psychische Erkrankung

In der Psychotherapie geht es auch darum, dass sich Betroffene durch ihre Krankheitsangst nicht einschränken lassen. Möchten sie etwa an einem Ort Urlaub machen, der eher abgelegen ist, sollten sie das auch machen, statt sich zu überlegen, wie lange sie von dort zum nächsten Krankenhaus brauchen würden.

Freunde und Familie von Betroffenen können helfen, indem sie die Sorgen beziehungsweise das Leid der Person anerkennen, sagt Bastian Willenborg. Darüber hinaus können sie auch dazu ermutigen, sich in einer Therapie mit der Krankheitsangst auseinanderzusetzen.