HongkongÜber Dating- und Gamingapps zum Protestieren verabreden
Hongkong ist durchdigitalisiert wie kaum ein anderer Ort der Welt: Demonstrantinnen und Demonstranten nutzen die digitale Infrastruktur, um den nächsten Protest via Tinder, Pokémon Go oder Twitch zu planen.
In der Sonderverwaltungszone besitzt jede Einwohnerin und jeder Einwohner durchschnittlich 2,4 Smartphones. Auch Hochgeschwindigkeitsinternet ist hier flächendeckend verfügbar – Inseln mit eingeschlossen. Diese ausgebaute digitale Infrastruktur nutzen Protestierende, um sich über die verschiedensten Apps zu vernetzen.
"Das Vertrauen hat halt Grenzen. Demonstranten fühlen sich sicherer, wenn sie sich offiziell verabreden, um Pokémons zu fangen."
Besonders beliebt für den Informationsaustausch seien gängige Messenger-Plattformen wie WhatsApp oder Telegram, meint Deutschlandfunk-Nova-Reporter Andreas Noll. Gerade Telegram wird in Krisenzeiten viel verwendet, da es als sicher gilt. Über den Kanal "Dadfindboy" tauschen Demonstrantinnen und Demonstranten zum Beispiel, Informationen über Polizisten in Zivil aus. Manche der Gruppenchats haben deshalb bis zu 100.000 Mitglieder.
Dating- und Gamingapps nutzen, um zu kommunizieren
Aber: Es kommt immer wieder zu Einmischungsversuche von außen, sagt Andreas Noll. Aus Festland-China sind zum Beispiel Angriffe auf das Telegram-Netzwerk in Hongkong bekannt, die während der Massendemos stattgefunden haben. Daher weichen die Protestierenden verstärkt auf Dating- und Gamingapps aus, um sich zu vernetzen und untereinander zu kommunizieren.
Neben Tinder ist für sie speziell der Messenger der Pokémon-Go-App und die Streaming-Plattform Twitch ein beliebter Weg, um Sicherheitsbehörden und die Polizei zu umgehen. In Hongkong sei das Demonstratiosnrecht zwar weit gefasst, aber die Demonstranten fühlen sich sicherer, wenn sie sich offiziell unter dem Vorwand verabreden, Pokémons zu fangen, statt für eine nicht genehmigte Demo, meint Andreas Noll.
"Nach einem Match trifft man sich zum Date dann eben auf einer Demo und nicht im Café."
Über Tinder-Profile verbreiten die Protestierenden unter anderem Infos über Proteste oder Sicherheitshinweise für den Umgang mit der Polizei. Nach einem Match treffen sie sich anschließend auf der Demo.
Daten auf Servern weiterhin gespeichert
Trotz des Umweges über Dating- und Gamingapps, hinterlassen die Protestierenden weiter ihren digitalen Fußabdruck auf den Servern der Onlinedienste. Die könnten dann von Sicherheitsbehörden oder Gerichten als Beweismittel verwendet werden, sagt der Netzreporter. Darum greifen viele von ihnen zusätzlich auf die AirDrop-Funktion von Apple-Geräten zurück.
Der Vorteil hier: Das System funktioniert drahtlos. So können sie Infos anonym weiterleiten, die nicht zentral auf einem Server gespeichert werden. Andreas Noll meint, dass der drahtlose Transfer auch in der U-Bahn funktioniere. Allerdings müssen Absender und Empfänger nebeneinanderstehen.