WirtschaftswachstumWarum Geld immer da bleibt, wo es ist
"Trickle Down" lautet ein neoliberales Zauberwort. Soll so viel heißen wie: Wer viel hat, dem werde gegeben. Denn wenn die Reichen reicher werden, dann fließt deren Füllhorn über, es tropft nach unten, beglückt die armen Massen und allen geht's besser. Klappt nur nicht.
Die Idee vom Trickle-Down-Effekt ist ziemlich alt. Der Philosoph und Wirtschaftsdenker Adam Smith hat sie bereits blumig in Szene gesetzt: Ein Feudalherr gibt ein Festmahl, er legt sich so richtig ins Zeug und tischt auf, was er hat. Nur: Die Augen sind größer als der Bauch, am Ende bleibt viel übrig. Gut für die unten: die Diener, Küchenhilfen, Bauern. Sie alle profitieren von der herrschaftlichen Opulenz.
So gleichen sich nach und nach die Unterschiede aus, glaubte Adam Smith. Das scheint aber nicht funktioniert zu haben.
Heute wird die Ungleichheit in unseren westlichen Gesellschaften immer größer. Die Frage ist, warum. Wie kommt es, dass die Reichen reicher werden und die Armen arm bleiben - und das auch und gerade dann, wenn die Wirtschaft wächst?
"Solche Grundsatzfragen, über die Struktur von Wirtschaft, über Eigentumsrechte, über Verteilung, die haben wir uns in den letzten Jahrzehnten eher abgewöhnt. Es ist Zeit, zu solchen Fragen zurückzukehren."
Da lohnt sich ein Blick in die Geschichte, sagt Lisa Herzog. Warum sah Adam Smith Wachstum als Garanten nicht nur für wirtschaftlichen Fortschritt? Ökonomisches Wachstum, glaubte Smith, führe zu einer besseren und gerechteren Gesellschaft. Es ist Zeit, sich wieder mit solch grundsätzlichen Fragen zu beschäftigen, glaubt Herzog: Was ist wirtschaftliche Gerechtigkeit? Was soll Wirtschaftswachstum erreichen?
"Wer darf denn, wer soll denn in den nächsten Jahrzehnten wachsen? Sind das die reichen Gesellschaften des Westens oder sollen es diejenigen Gesellschaften sein, die noch ein sehr viel niedrigeres Lebensniveau haben?"
Lisa Herzog ist 32 Jahre alt, hat Philosophie, Volkswirtschaftslehre, Politik und Geschichte studiert und in Oxford promoviert. Sie war als Postdoc an der Stanford University und hat ein Buch geschrieben: "Freiheit gehört nicht nur den Reichen. Plädoyer für einen zeitgemäßen Liberalismus".
Zurzeit ist Herzog wissenschaftliche Mitarbeiterin am Frankfurter Institut für Sozialforschung. Sie hat ihren Vortrag am 12. November 2015 am Einstein Forum in Potsdam gehalten. Der Titel: "Warum Wachstum? Adam Smiths unsichtbare Gesellschaftspolitik."
- Die neue Klassengesellschaft: Gleiche Chancen? | Artikel von Lisa Herzog in der FAZ