Konfliktherd BalkanUnvereinbarkeit dreier Völker und Religionen
Nach dem Ersten Weltkrieg verhandeln Serbien, Kroatien und Slowenien über ein gemeinsames Königreich. Gescheitert - wie viele andere gemeinsame Staatsideen auch.
Am 20. Juli 1917 beschlossen Vertreter der Serben, Kroaten und Slowenen die Gründung eines gemeinsamen Königreichs. Auf Korfu, dem Exil der serbischen Regierung, die infolge des Ersten Weltkriegs geflohen war, wurde die Deklaration unterzeichnet. Am 1. Dezember 1918 proklamierte der serbische Kronprinz Alexander das neue Königreich, das aber unter keinem guten Stern stand.
Serbien konnte den neuen Staat nicht entscheidend prägen, da es stark geschwächt aus dem Ersten Weltkrieg kam. Die Kroaten strebten nach nationaler Eigenständigkeit, und so versuchten in den ersten zehn Jahren des neuen Staates 30 verschiedene Regierungen ihr Glück.
Vereint unter Druck
1929 wurde das Königreich umbenannt in "Königreich Jugoslawien", aber das neue Gebilde nahm keinerlei Rücksicht auf ethnische, nationale und religiöse Gegebenheiten. Dadurch konnten zwar die permanenten Regierungskrisen überwunden werden, aber die echte Einigung der drei Völker gelang nicht.
Titos Jugoslawien
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das kommunistische Jugoslawien maßgeblich von Tito geprägt, der als Partisanenkämpfer gegen die deutsche Wehrmacht einen Heldenstatus innehatte. Tito versuchte Balance zu halten zwischen Ost und West, zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Er war einer der maßgeblichen Gründer der Organisation der "Blockfreien" und hielt bis zu seinem Tod im Mai 1980 sein Land in der Mitte zwischen Ost und West.
"Naher Osten Europas"
Aber die Jugoslawienkriege nach dem Ende des Kalten Krieges zeigten in den 90er Jahren, wie stark die ethnischen, religiösen und nationalen Gegensätze zwischen den Völkern des Balkans waren. Mittlerweile hat sich die Lage im "Nahen Osten Europas" etwas entspannt, wenn gleich es immer noch genügend Konfliktstoff gibt.
Außerdem hört ihr noch in Eine Stunde History:
- Marie-Janine Calic, Historikerin an der Ludwig-Maximilans-Universität München, erläutert die Absichten der Deklaration von Korfu 1917. Die Historikerin veröffentlichte 2016 "Südosteurpa. Weltgeschichte einer Region" im C.H. Beck Verlag.
- Ulf Brunnbauer, Historiker und Soziologe an der Universität Regensburg, erläutert die Entwicklung auf dem Balkan nach der Deklaration von Korfu.
- Der ARD-Korrespondent Stephan Ozsváth berichtet über das heutige Verhältnis der Staaten des ehemaligen Jugoslawiens zueinander.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld schildert die historische Situation, in der die Deklaration von Korfu entwickelt wurde.