WohnungslosigkeitHinschauen statt weitergehen: Wie wir besser mit Obdachlosen umgehen

Nicht jede Hilfe ist immer sinnvoll. Das ist auch bei obdach- und wohnungslosen Menschen so, sagt Johan Graßhoff. Er ist Straßensozialarbeiter in Hamburg und erklärt, wie wir es besser machen können. Dabei ist vor allem eines wichtig: Den Menschen, dem wir helfen wollen, sehen und seine Wünsche ernst zu nehmen.

Es gibt keine offizielle Statistik, wie viele Menschen in Deutschland tatsächlich auf der Straße leben oder keinen festen Wohnsitz haben. Schätzungen gehen aber davon aus, dass es bis zu einer Million sind. Darunter fallen sowohl obdachlose Menschen als auch solche, die nicht auf der Straße schlafen, sondern in temporären Unterkünften wie beispielsweise Frauenhäusern.

Für Straßensozialarbeiter Johan Graßhoff ist die Frage nach Wohnraum auch deshalb eine der dringendsten sozialen Fragen des 21. Jahrhunderts. Deshalb sollte Obdach- und Wohnungslosigkeit in der Politik sehr viel mehr beachtet werden. Seine Vermutung, warum das oft nicht passiert: Vorurteile und Ressentiments.
"Für mich klingt das so, als würde Obdachlosigkeit einfach über einen hereinbrechen, dabei gibt es oft strukturelle Ursprünge dafür."
Johan Graßhoff, Sozialarbeiter in Hamburg

Oft heiße es, wer auf der Straße lebt, sei selbst schuld oder tue dies sogar freiwillig. Johann Graßhoff hat in den acht Jahren, seit er auf den Straßen Hamburgs unterwegs ist, allerdings noch keinen Menschen getroffen, der freiwillig ohne Wohnung lebt. Hinter Obdachlosigkeit stecken meist strukturelle Probleme – und deshalb könne es jemanden sehr viel schneller treffen, als oft vermutet wird.

Nicht glotzen, sondern wahrnehmen

Vorurteile haben oft auch Menschen, die obdach-und wohnungslosen Menschen auf der Straße begegnen. Hilfe fängt aber schon damit an, die Menschen zu sehen, meint Johann Graßhoff. Wer ihnen helfen möchte, sollte also vor allem erst einmal das Gespräch suchen.

"Einfach mal Hallo sagen gibt den Menschen auf der Straße schon viel. Der nächste Schritt wäre dann, ins Gespräch zu kommen. Das erfordert zwar erst mal Mut, ist dann aber meistens ganz unkompliziert."
Johan Graßhoff, Sozialarbeiter in Hamburg

Der Sozialarbeiter sagt aber auch: Den einen richtigen Weg, obdach- und wohnungslosen Menschen zu helfen, gibt es nicht. Denn so verschieden wie die Menschen sind, so unterschiedlich sind auch ihre Wünsche. Der eine braucht vielleicht gerade Geld, die andere freut sich in dem Moment vielleicht eher über ein Brötchen mit Käse. Egal was wir tun, wir sollten vorher fragen, was die Person gerade gebrauchen kann.

Wie ihr noch besser helfen könnt und wie sich die Lage für viele obdachlose Menschen durch Corona verändert hat, erzählt Johann Graßhoff in der Ab 21. Außerdem berichtet Deutschlandfunk-Nova-Reporter Nils Kremer, was ihr tut, um Obdachlosen zu helfen.

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