Hilfe für die Menschen in IdlibSyrien-Expertin: "Der Druck muss für Putin spürbar werden"
In der syrischen Region Idlib gilt derzeit eine Waffenruhe. Darauf haben sich der türkische Präsident Erdogan und der russische Präsident Putin verständigt. Jetzt geht es darum, den Menschen vor Ort zu helfen. Um dauerhaft für mehr Sicherheit zu sorgen, müsse die EU den russischen Präsidenten endlich stärker unter Druck setzen, so die Journalistin Kristin Helberg. Nur so werde es gemeinsame Gespräche geben.
Idlib ist die letzte Region in Syrien, die von der Opposition und islamistischen Milizen gehalten wird. Die syrische Armee geht dagegen vor. Dabei werden die Truppen von Russland unterstützt. Die Türkei wiederum unterstützt die Rebellen. Eine komplexe Situation. Das Erste, worum es jetzt gehe, sei, dass jetzt den Menschen geholfen werde, die schon viel zu lange unter diesem fürchterlichen Krieg leiden, so Bundesaußenminister Heiko Maas.
Doch schon jetzt würde die Waffenruhe nicht vollständig halten, so die Journalistin Kristin Helberg. Es gebe sogar nicht bestätigte Berichte über Tote. Aber immerhin hätten die Luftangriffe über der Provinz aufgehört, und es sei ruhiger geworden.
In Idlib habe es mit der Waffenruhe auch gleich erste Demonstrationen gegen Assad gegeben. Das zeige, dass es hier nicht nur Jihadisten und Rebellen gebe, sondern auch Menschen, die friedlich gegen das Assad-Regime aufstünden.
"Es ist keine Provinz von Jihadisten und Rebellen, sondern es gibt dort auch Menschen, die nach wie vor friedlich gegen das Regime aufstehen."
Die Feuerpause müsse jetzt dringend für Hilfslieferungen der Uno genutzt werden – und zwar im großen Stil, mit internationaler Hilfe, über die direkte Grenze und nicht über das Regime in Damaskus. Ein sicherer Korridor und auch das Geld, sei nun vorhanden. Allein Deutschland habe 100 Millionen Euro versprochen, so Kristin Helberg.
170.000 Flüchtlinge unter freiem Himmel
Durch die ausbleibenden Luftschläge haben Helfer die Hoffnung, dass die Menschen an Ort und Stelle bleiben. Die Fluchtbewegungen der Menschen sei eines der größten Probleme nachhaltiger Versorgung.
"Jetzt ist die Hoffnung, dass die Menschen durch die ausbleibenden Luftschläge dort bleiben, wo sie sind und man sie mit internationaler Hilfe im großen Stil nachhaltig versorgen kann."
Ein großes Ziel sei es dabei, dass die über 170.000 Flüchtlinge, die unter freiem Himmel sitzen, bessere Unterkünfte bekommen und medizinische Hilfe erhalten, so die Journalistin. Und es müsse dringend für mehr Sicherheit gesorgt werden. Die EU wolle die Menschen nicht aufnehmen, für die Türkei seien die rund anderthalb Millionen Flüchtlinge auch zu viel. Deswegen müsse es jetzt auch darum gehen, die Menschen in der Region zu schützen.
Aufbau einer Schutzzone mit europäischer Hilfe
Putin und Erdogan haben sich bei der Waffenruhe auf einen zwölf Kilometer langen Korridor entlang einer Autobahn geeinigt. Das Gebiet nördlich davon könnte zum Beispiel zur internationalen und entmilitarisierten Schutzzone erklären werden – durchgesetzt durch die UN und nicht durch die beiden Kriegsverbrecher Erdogan und Putin, sagt Kristin Helberg.
"Die Menschen werden sich dort nur dann sicher fühlen, wenn es international durch UN Truppen abgesichert ist. Und dafür müssten sich die Europäer einsetzen."
Zudem würden beide Politiker dort auch militärische Interessen verfolgen. Doch nur bei internationaler Absicherung würden sich die Menschen sicher fühlen. Und dafür müssten sich die Europäer einsetzen, so die Journalistin.
Mehr Druck auf Putin
Forderungen nach solch einer Schutzzone gebe es schon seit 2012. Jetzt sei der Druck gestiegen, weil die EU fürchte, eine Flüchtlingskrise ähnlich wie 2015 könne sich wiederholen. Die Europäer hätten inzwischen verstanden, dass sie die Türkei diesmal nicht alleine lassen können, so Helberg. Dafür müsse auch der Druck auf Putin erhöht werden, der zum Beispiel immer wieder Krankenhäuser bombardiere.
"Der Druck muss spürbar für Putin werden, damit er irgendwann auch wieder mal einen Grund hat, überhaupt mit europäischen Politikern zu sprechen."
Helfen könnten Sanktionen, damit Putin einen Grund habe, mit europäischen Politikern zu sprechen. Beim Treffen mit Erdogan hätten Angela Merkel und Frankreichs Präsident Macron gerne mitgeredet, waren aber nicht erwünscht.
Waffenruhe könnte schnell vorbei sein
Kristin Helberg rechnet allerdings damit, dass die Waffenruhe in den nächsten Tagen oder Wochen schon wieder vorbei sein könnte. Trotz der aktuellen Vereinbarung würden Erdogan und Putin weiter auf ihren Positionen beharren. Erneute militärische Eskalationen seien damit fast programmiert.