Hell wachStört Lichtverschmutzung den Schlaf von Mensch und Tier?
Beleuchtete Straßen und Wege, Leuchtreklame oder bunte Lichterketten auf Balkons: Nächte sind längst nicht mehr so dunkel wie sie früher einmal waren. Das ist ein Problem für viele Tiere, aber könnte auch uns Menschen Schlaf kosten.
Als Lichtverschmutzung bezeichnen wir die Aufhellung des Himmels und der Umwelt in der Nacht durch künstliches Licht. Diese Lichtquellen sind in manchen Fällen vielleicht auch gar nicht nötig.
Eine Studie hat herausgefunden, dass der Nachthimmel in der Großstadt Hong Kong gut 80 Mal heller ist als ein Himmel ohne Lichtverschmutzung. Etwa die Hälfte der Erdoberfläche ist von Lichtverschmutzung betroffen und nur zwei von zehn Menschen leben unter einem Himmel, der nachts wirklich dunkel ist.
Menschen und Tiere in Europa und Nordamerika sind am stärksten betroffen. Das zeigt auch eine Karte, der Weltatlas der Lichtverschmutzung, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.
Die European Space Agency hat dazu eine Analyse gemacht, die in diesem Jahr veröffentlicht wurde. Die Forschenden gehen sogar davon aus, dass die weltweiten Lichtemissionen noch, um bis zu 10 Prozent pro Jahr zunehmen.
Was macht Lichtverschmutzung mit Tieren?
Viele Tiere leiden unter der Lichtverschmutzung, denn sie können nicht einfach die Rollläden herunterlassen und das Licht aus dem Schlafzimmer verbannen. Bei einer Studie in Australien haben Forschende Schwäne untersucht. Sie haben dort, wo die Schwäne geschlafen haben, Straßenlaternen aufgestellt und dann untersucht, wie das den Schlaf der Schwäne beeinflusst.
Dabei haben sie verschiedene Lichtarten getestet – einmal "blaues", kurzwelliges Licht und einmal warmes, eher gelbes Licht. Das Ergebnis: Egal mit welchem Licht Schwäne bestrahlt werden, es ist schlecht für ihren Schlaf, sagt Christine Blume, Schlafforscherin an der Uni Basel.
"Licht war generell schlecht für den Schlaf der Schwäne."
Aber auch nachtaktive Tiere leiden unter der Lichtverschmutzung. Beispielsweise landen Motten in der sogenannten "Lichtfalle". Sie schwirren nachts um Straßenlaternen oder andere helle Lichter und vernachlässigen damit andere Aufgaben wie zum Beispiel die Suche nach Nahrung oder einem Partner. Außerdem sterben viele schnell.
In einer wissenschaftlichen Arbeit zeigte sich, dass ein Drittel der Insekten, die zum Beispiel durch das Licht von Straßenlaternen oder vergleichbaren Lichtquellen angezogen werden, nicht bis zum Morgen überleben. Sie sterben entweder als Beute oder einfach vor Erschöpfung.
"Wenn man das weiter denkt, kommt es durch das nächtliche Licht zu Veränderungen in der Beziehung zwischen räuberischen Tieren und Beutetieren und dann wiederum auch Pflanzen, die durch die Insekten bestäubt werden müssen. "
Wir können also festhalten: Wenn durch die Lichtverschmutzung Tiere gestört werden und zum Beispiel nicht mehr ihrer Aufgabe nachgehen können, Pflanzen zu bestäuben oder sich fortzupflanzen, dann wirkt sich das auf das ganze Ökosystem und auch auf uns Menschen aus.
Kostet Lichtverschmutzung auch uns Menschen Schlaf?
Ob und wie stark sich die Helligkeit in der Nacht direkt auf Menschen auswirkt, ist nicht abschließend geklärt. Denn viele Menschen haben die Möglichkeit, sich in ein abgedunkeltes Schlafzimmer zurückzuziehen, selbst wenn draußen helle Beleuchtung brennt. Forschende versuchen, mehr dazu herauszufinden.
Für eine Studie aus den USA, die 2016 veröffentlicht wurde, habe die Forschenden knapp 20.000 US-Amerikaner*innen zu ihrem Schlaf und ihrer Gesundheit befragt. Sie wollten wissen, wo genau sie leben und haben sich dann mithilfe von Satellitendaten angeschaut, wie viel Lichtverschmutzung an den Wohnorten der Menschen am Abend vorhanden war.
"In Regionen mit mehr Lichtverschmutzung, gingen die Teilnehmenden später ins Bett, schliefen weniger und fühlten sich auch am Tag müder."
Christine Blume weiß: Menschen, die an Orten mit mehr Lichtverschmutzung leben, waren unzufriedener mit ihrem Schlaf. Mögliche Gründe: Sie gingen später ins Bett, schliefen weniger und fühlten sich müder.
Gleichzeitig bedeutet das nicht, dass zwingend die Lichtverschmutzung daran "schuld" war. Denn oft gibt es in Städten mehr Lichtverschmutzung als in ländlichen Regionen und das bedeutet auch, die Menschen in der Stadt bekommen vielleicht mehr Verkehrslärm ab, können schlechter schlafen, weil sich Städte stärker aufheizen oder sind am späten Abend noch unterwegs, weil Städte viele Freizeitmöglichkeiten bieten. Christine Blume erklärt, der Effekt auf Menschen könnte marginal sein.
"Wie sehr Lichtverschmutzung den Schlaf von Menschen beeinflusst, ist nicht ganz geklärt, aber vermutlich ist der Effekt nicht besonders groß, möglicherweise sogar nicht relevant."
In dieser Folge Über Schlafen besprechen Host Ilka Knigge und Schlafforscherin Dr. Christine Blume, wie wir damit umgehen können, wenn uns helles Licht vor unserem Schlafzimmerfenster stört und worauf wir achten können, damit Tiere möglichst wenig unter Lichtverschmutzung leiden.