EingreifenJeder so wie er kann

Der Sozialpsychologe Kai Jonas sagt, man muss nicht unbedingt eingreifen, wenn man selber Angst hat. Aber auch ein Anruf bei der Polizei kann Hilfe sein.

"Jeder kann zivilcouragiert sein, es gibt nicht die zivilcouragierte Persönlichkeit", sagt der Sozialpsychologe Kai Jonas. Außerdem gebe es verschiedene Möglichkeiten, zu helfen. Wer Angst habe, in eine Situation einzugreifen, solle das auch lieber lassen und stattdessen die Polizei rufen und sich möglicherweise als Zeuge für eine Tat anbieten: "Das ist in vielen Fällen auch schon ganz wichtige Zivilcourage."

Zivilcourage kann man lernen

Der Sozialpsychologe stellt in Trainings immer wieder fest, dass Menschen, die in einem behüteten, friedvollen Umfeld aufgewachsen sind, seltener in Situationen eingreifen, in denen Zivilcourage gefordert ist. Allerdings: Zivilcourage könne man lernen.

"Leider versuchen viele Menschen, insbesondere Männer nicht zu deeskalieren, sondern zu eskalieren, nämlich über den Täter zu triumphieren, der Stärkere zu sein."

Wenn Menschen versuchen, den Täter in seine Schranken zu weisen und sich als Stärkerer hervor zu tun, dann birgt das großes Eskalationspotential, weil sie nicht wissen, wie Täter reagieren. "Gerade in solchen Situationen tun Täter nicht das, was man von ihnen erwartet", sagt Kai Jonas, "deswegen versuchen wir den Menschen Deeskalations-Strategien beizubringen."

Deeskalation

Um eine Situation zu deeskalieren, kann es manchmal schon ausreichen, einen Moment zu kreieren, mit dem auch der Täter nicht gerechnet hätte, mit dem also die Aufmerksamkeit auf etwas anderes verlagert wird oder mit dem der Täter verwirrt wird. Eventuell kann solch ein Moment dann genutzt werden, um zu fliehen, um dem Opfer zur helfen.

Der Sozialpsychologe Kai Jonas erzählt, dass die besten Beispiele von seinen Teilnehmern aus den Anti-Gewalt-Trainings. Zum Beispiel hatte dort ein älterer Herr erlebt, wie eine Gruppe jüngerer Männer fremdenfeindliche Lieder grölte. Er sei dann zu ihnen hingegangen, habe gesagt, er sei der Ortsvorsitzende der NPD und was sie hier täten, diene der Sache nicht. Die Männer waren still. Der Sozialpsychologe Kai Jonas findet diese Strategie gut: "Er ist nicht hingegangen und hat gesagt, seid jetzt still, weil das geht nicht, sondern er hat sich mit ihnen gemein gemacht und gesagt, das ist ja gar nicht so schlau."

"Das verwirrt den Täter, gibt einen kurzen Moment des Eingreifens und dann hat man die Situation ganz häufig aufgebrochen."