HasskampagneHetze gegen Grüne im Netz
Vieles, wofür grüne Politik steht - Diversität, Multikulturalismus, Feminismus, gesellschaftlicher Liberalismus - zieht den Hass der rechten Szene im Netz auf sich.
Die Extremismus- und Terrorismusforscherin Julia Ebner erklärte im Gespräch mit Patrick Gensing dem ARD-Faktenfinder, wie "rechte Hasskampagnen" gegen Politikerinnen und Politiker von Bündnis90/Die Grünen organisiert werden. Sie sagt, Grünen-Politiker seien zu den Hauptfeinden rechtsextremer Akteure geworden. Denn sie stünden für Diversität, Multikulturalismus, Feminismus oder gesellschaftlichen Liberalismus – Werte und Einstellungen, die im Gegensatz zu rechten Gesinnungen stehen.
Freiburger Ex-Stadtrat Opfer rechter Hetze
Ein aktuelles Beispiel: Rechter Hass entlud sich an dem Freiburger Ex-Stadtrat Sebastian Müller. Er hatte zu einer Demonstration aufgerufen, die sich gegen die sexualisierte Gewalt gegen Frauen und gegen die Instrumentalisierung der Opfer richten sollte: "Ich bin es leid, dass in Freiburg und anderswo immer wieder Gruppen versuchen unsere Trauer und unser Entsetzen über schreckliche Verbrechen politisch auszuschlachten. Meine Gedanken und Mitgefühl sind mit dem Opfer", schrieb er.
Auf diesen Aufruf folgten Beleidigungen und ein unsäglicher Shitstorm, berichtet unsere Netz-Reporterin Martina Schulte. In den Kommentaren heißt es unter anderem, Müller sei ein grüner Gutmensch, der sexualisierte Gewalt von Flüchtlingen wegdiskutieren wolle.
Der Watchblog Volksverpetzer beobachtet rechte Hasskampagnen im Netz und kommentiert, der Shitstorm sei beschämend und auch absurd, weil Sebastian Müller kein Grünen-Politiker sei: Er saß bis 2013 für die Wählervereinigung "Junges Freiburg" im Stadtparlament. Die hat mit den Grünen eine Fraktionsgemeinschaft gebildet. "Trotzdem wird Müller bei Twitter von einer AfD-Bundestagsabgeordneten als 'Grünen Politiker' und 'Grüne Pest' bezeichnet", berichtet Martina Schulte.
Gefälschte Accounts, gefälschte Aussagen
Gallionsfigur der Grünen in Bezug auf den rechten Hass ist die Grünen-Politikerin Claudia Roth. Sie werde für ihre Aussagen nicht nur beleidigt, sondern es werden ihr auch Statements untergeschoben via Fake-Accounts oder rechter Blogs, die sie nicht gemacht hat, so unsere Netz-Reporterin. Beispielsweise wurde verbreitet, dass Claudia Roth ein Alkoholverbot während des Fastenmonats Ramadan einführen wolle. Roth hatte diese Aussage nie gemacht. Die Ex-CDU-Politikerin Erika Steinbach reagierte trotzdem und schlug ihr vor, sie solle eine Burka tragen und zum Islam konvertieren.
Für Aufregung sorgen auch immer wieder Zitate des "Grünen-Politikers Tobias Weihrauch". Der Faktenfinder hat dazu herausgefunden: Es gibt keinen Grünen-Politiker mit diesem Namen. Die Person und Zitate sind gefälscht, um die Grünen zu diskreditieren. Doch im Netz kursieren die Zitate von "Tobias Weihrauch" bis heute.
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