Hannah Arendt und das animal laboransDer Mensch, das Arbeitstier
Wir sitzen von früh bis spät am Computer, verbessern ständig Prozesse und besuchen Seminare, um uns und andere zu optimieren. Die philosophische Anthropologie sprach zunächst vom homo faber, dem schaffenden Menschen, der sich nicht wesentlich vom Tier unterscheide. Hannah Arendt prägte dreißig Jahre später sogar den Begriff des animal laborans - des "arbeitenden Tiers".
Arbeit wurde vor allem von der Kirche schon immer zum Sinn des Lebens erhoben. Wer nicht nach der Vorgabe "ora et labora" handelte, führte kein Gott gefälliges Leben. Die Motive der Menschen, warum sie viel arbeiten, sind verschieden - wie der Status oder Verdienst, wie ein Ehrenamt oder ein Hobby.
"Die modernen Menschen werden nicht mit der Peitsche, sondern mit Terminen geschlagen."
Die Historikerin Hannah Arendt führte schon 1960 ihre Theorie vom "animal laborans" ein, dem "arbeitenden Tier", das der Mensch sei. Zuvor war in der philosophischen Anthropologie schon der Begriff "homo faber" verwendet worden, "der schaffende Mensch".
Beschäftigung statt Schuften
Sind wir dazu verdammt, frühmorgens am Schreibtisch zu sitzen, unsere in der Nacht aufgelaufenen E-Mails zu checken, ständig Prozesse zu verbessern, Change-Management-Seminare zu besuchen, um uns und andere immer weiter zu optimieren, um noch schneller und effektiver zu werden - und das alles ohne irgendein abzusehendes Ende?
"Arendt hält das 'animal laborans' für einen Wüstenbewohner, der eine entwurzelte, weltlose Existenz führt und in allem einen schnelllebigen Konsumartikel sieht."
Ist das der wahre Sinn des Lebens oder könnte Beschäftigung vielleicht auch ganz anders aussehen? Etwa sich morgens noch einmal im Bett umzudrehen, kann nach den Worten unserer Rednerin Sophie Loidolt Zeitgewinn in reinster Form sein.
"Mut zur Faulheit"
Sophie Loidolt hat am 23. September 2017 über "Lust und Frust des animal laborans - Hannah Arendt über die Verfallsform der vita activa" gesprochen. Die Veranstaltung auf dem Philosophicum Lech am Arlberg trug den Titel "Mut zur Faulheit - Die Arbeit und ihr Schicksal".