Schiri-Leistung Frankreich – BelgienEntspannter Beginn – stressige Schlussphase
Beim WM-Halbfinale zwischen Frankreich und Belgien traf der Schiri Andrés Cunha ein paar umstrittene Entscheidungen - alles in allem lieferte er aber eine solide Leistung ab.
Der Schiedsrichter eines Fußballspiels bietet viel Angriffsfläche, das ist klar. Vor allem die Mannschaft, die verliert, und deren Fans, sind mit potenziell spielentscheidenden Schiri-Urteilen oft nicht einverstanden.
Alex Feuerherdt war lange selbst Schiri und bildet die Unparteiischen inzwischen aus. Er war ein wenig überrascht darüber, dass Andrés Cunha für das WM-Halbfinale zwischen Frankreich und Belgien, das in der regulären Spielzeit mit einem 1:0 (Samuel Umtiti 51') endete, eingesetzt wurde.
In seinen ersten beiden Einsätzen in dieser WM, war die Leistung des Uruguayers nicht besonders herausragend gewesen.
"70 Minuten lang hat der Schiedsrichter nicht so viel zu tun bekommen, dann hat das Spiel allerdings etwas angezogen und dann musste er auch 'anziehen'."
Am Anfang dieses Halbfinal-Matches hatte Andrés Cunha es nicht ganz so schwer, weil beide Mannschaften sich sehr fair verhalten haben. Das hat man schon daran gesehen, dass es erst nach 17 Minuten den ersten Pfiff wegen eines Fouls gab, was ungewöhnlich ist, sagt der Schiri-Ausbilder Alex Feuerherdt.
Andrés Cunha hat also gemerkt, dass er das Spiel laufen lassen kann, und dass er großzügig sein kann, was die Beurteilung von Zweikämpfen angeht. Sowohl Frankreich als auch Belgien haben diese Großzügigkeit auch nicht missbraucht, sondern waren scheinbar dankbar dafür.
Die erste Gelbe Karte gab es erst nach über einer Stunde. Ab der 70. Minute hatte der Schiedsrichter dann allerdings ein bisschen mehr zu tun.
"Der Schiri hat natürlich gemerkt, dass er jetzt nicht mehr so viel laufen lassen kann, aber er hat nach meinem Eindruck ein bisschen Mühe gehabt, sich umzustellen."
In der zweiten Hälfte hat sich der Spielcharakter des Matches verändert. Alex Feuerherdt hat den Eindruck, dass sich Cunha mit dieser Veränderung nicht ganz wohl gefühlt hat. Das macht er an einigen kritischen Entscheidungen des Spiels fest: Der Belgier Axel Witsel ist beispielsweise für sein ziemlich rustikales Foul gegen Antoine Griezmann ohne Gelb davongekommen.
Gemessen daran war die Karte gegen den Franzosen N'Golo Kanté für ein Halten doch relativ hart. Zudem habe es der Körpersprache des Schiris ein wenig an Nachdruck gefehlt, sagt Alex Feuerherdt. Also fast so, als sei er selbst nicht so ganz von seinen Entscheidungen überzeugt gewesen.
Dann hat er noch ein klares Foul von Olivier Giroud an Eden Hazard - kurz vor dem französischen Strafraum - übersehen. Das wäre eigentlich eine gute Freistoßposition für die Belgier gewesen. Am Ende haben sich also schon ein paar Ungereimtheiten eingeschlichen, findet der Podcaster Feuerherdt.
Überraschend, aber nicht inakzeptabel
Der frühere Bundesliga-Schiedsrichter Babak Rafati hatte den Einsatz von Cunha bei diesem Spiel als inakzeptabel bezeichnet. Er hat gesagt, dass der Uruguayer bei seinen vorigen Einsätzen bei diesem Turnier "nicht WM-würdig" gepfiffen habe. Alex Feuerherdt sieht das Ganze nicht so negativ, weil er findet, dass Cunha das Halbfinalspiel insgesamt im Griff gehabt hat.
"Vielleicht ist man inzwischen ein bisschen verwöhnt nach den vielen wirklich starken Auftritten der Unparteiischen in Russland."
Inakzeptabel fand Alex Feuerherdt die Einteilung von Cunha also nicht. Aber für ihn kam sie überraschend. Alex sagt dazu muss man wissen, dass für die Fifa nicht nur die Leistung eines Schiedsrichters ein Kriterium ist.
Interessen der teilnehmenden Länder genügen
Die Interessen der teilnehmenden Nationen und Kontinentalverbände spielen beispielsweise auch eine Rolle. Alex Feuerherdt erklärt das so: "Es sind nur noch europäische Mannschaften bei der WM dabei, also sagen die Südamerikaner vielleicht: Dann hätten wir zumindest gerne einen Schiedsrichter im Halbfinale.
Sowohl der argentinische als auch der brasilianische Referee, also Néstor Pitana und Sandro Ricci, hatten bereits ein Viertelfinalspiel gepfiffen. So lässt sich der Einsatz von Andrés Cunha erklären, der aus Uruguay kommt.
Die zuständigen Schiedsrichter-Funktionäre versuchen beim Einsatz von Schiris auch politische Interessen zu berücksichtigen. Deshalb ist auch noch aus jedem Kontinentalverband mindestens ein Schiedsrichter in Russland, obwohl klar ist, dass gar nicht mehr so viele gebraucht werden. Aber die Fifa will es sich da mit niemandem verscherzen, sagt Alex Feuerherdt.
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