Corona-KriseEin Grundeinkommen würde jetzt vielen helfen
In Zeiten, in denen Arbeit und Einkommen unsicher sind, könnten viele Menschen Unterstützung gebrauchen. Zeit, sich mit dem bedingungslosen Grundeinkommen zu beschäftigen.
Viele Menschen sorgen sich zurzeit um ihren Job oder haben ihn schon verloren. Vor allem manche Selbstständige, Unternehmen, Ladenbesitzer und Gastronomen sind durch die Schließungen und durch Kontaktbeschränkungen betroffen. Manche haben jetzt gar kein Einkommen mehr.
Ein Gedanke: Gäbe es das bedingungslose Grundeinkommen, wären die für viele dramatischen Folgen nicht ganz so schlimm - weil unabhängig von allem ein gewisser Betrag jeden Monat auf dem Konto landet. Ohne Bedingung. Als Größenordnung werden zwischen 600 und 1500 Euro pro Monat genannt, je nach Modell und Ausgestaltung.
Es wurden schon einige Petitionen gestartet, die genau das fordern: Ein Grundeinkommen für alle, und zwar sofort. Diese zum Beispiel hat fast 500.000 Unterzeichner (Stand: 3. April).
Eine gewisse Absicherung in Krisenzeiten wie diesen ist einer der vielen Vorteile, die ein bedingungsloses Grundeinkommen hätte. Genauso gibt es Nachteile oder zumindest angebrachte Skepsis, denn noch weiß niemand so genau, wie sich eine Gesellschaft unter einem bedingungslosen Grundeinkommen entwickeln wird. Eine Übersicht:
Mögliche Vorteile
Von 600 bis 1500 Euro können viele Menschen bei ihrem aktuellen Lebensstandard nicht leben. Davon abgesehen arbeiten viele Menschen gerne. Die Arbeit ermöglicht soziale Kontakte, gibt Anerkennung, macht Spaß. Und Arbeit strukturiert unseren Tag.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre für viele Menschen, die weiterhin arbeiten werden, also erstmal ein zusätzliches Einkommen zum bestehenden. Da insgesamt aber auch die Abgaben steigen werden (irgendwie muss das Grundeinkommen finanziert werden), werden nicht alle, aber einige unterm Strich mehr Geld zur Verfügung haben als vorher.
"Arbeit ist mehr als Geld: es geht auch um soziale Kontakte, sie gibt uns einen Tagesablauf, auch Anerkennung und manchen machte sie auch Spaß. Insofern würden wahrscheinlich viele Menschen weiter arbeiten gehen."
Das Grundeinkommen könnte bei manchen Menschen dazu führen, dass sie sich sicherer und freier fühlen, und dadurch mutiger werden, um Neues auszuprobieren. Ein denkbares Szenario: Ein schlecht bezahlter Job wird eher abgelehnt, weil eine grundsätzliche finanzielle Sicherheit da ist. Ohne diese hätte man den Job annehmen müssen, um überhaupt Geld zu verdienen. So lässt sich im Bewerbungsgespräch besser verhandeln: "Wenn Sie drei Euro mehr pro Stunde bezahlen, mach ich's."
Auch ließen sich im besten Fall durch die gestärkte Verhandlungsposition die Arbeitsbedingungen bei einigen Jobs verbessern.
Die Geschlechtergerechtigkeit könnte profitieren
Die Grundeinkommen-Befürworter hoffen zudem darauf, dass mehr Menschen bereit sind, ihre Arbeitszeit zu reduzieren und die gewonnene Zeit eher in ehrenamtliches Engagement einzusetzen oder zumindest mehr Zeit für die eigene Familie zu haben.
Gerade bei diesem Aspekt könnte das Grundeinkommen auch für mehr Gerechtigkeit sorgen. Denn diese Arbeit wird heute schon oft von Menschen geleistet, die dafür nicht entlohnt werden. Auch die Geschlechtergerechtigkeit könnte profitieren, weil Familien- und Pflegearbeit hauptsächlich von Frauen übernommen wird.
Mögliche Schwierigkeiten
Ein Problem könnten die "harten Berufe" werden, die gesundheitlich anstrengend sind wie Fließbandarbeit. Für Unternehmen könnte es schwieriger werden, für solche Jobs Menschen zu finden. Überhaupt ist die Frage noch ungeklärt, wie viele Menschen ihre Arbeit aufgeben, weil sie mit dem gezahlten Grundeinkommen zufrieden sind - und ob das gesamtgesellschaftlich verkraftbar wäre.
Plötzlich alle gleich
Menschen mit besonderen Bedürfnissen, Schwerkranke oder Rentnerinnen, für die ein Grundeinkommen möglicherweise nicht passt, könnten negativ betroffen sein - zumindest, wenn die speziellen Sozialleistungen gestrichen und durch das Grundeinkommen ersetzt werden. Das ist generell ein Kritikpunkt: Das Grundeinkommen behandelt alle gleich, vom schwerkranken Armen bis hin zum gesunden Reichen.
Und dann ist da noch die große Frage: Wer soll das alles bezahlen? Je nach Rechnung ist generell genug Geld da. Oder auch nicht. Am Ende kommt es auf die konkrete Ausgestaltung an. Höchstwahrscheinlich muss der Staat mehr Geld einnehmen als bisher. Möglichkeiten, das zu tun, hat er viele, am ehesten über höhere Steuern oder sogar ein komplett neu konzipiertes Steuersystem.
Was es schon gibt
In Finnland gab es von 2017 bis 2018 ein Modellprojekt zum bedingungslosen Grundeinkommen. Dort haben 2000 Arbeitslose die volle Summe Arbeitslosengeld ohne Auflagen bekommen. In dieser Zeit hätten sie weder mehr, noch weniger gearbeitet. Aber sie haben alle angegeben, dass sie durch diese finanzielle Sicherheit mehr Ruhe hatten und sich gesünder und glücklicher gefühlt haben.
"Diese psychische Entlastung, dass man sich nicht mehr ums Geld sorgt, das bewirkt was."
Auch in Deutschland gibt es Vereine, die ein Grundeinkommen auszahlen (Mein Grundeinkommen). Die Menschen, die es erhalten haben, würden davon berichten, dass sie besser schlafen könnten oder dass sich chronische Erkrankungen verbessert haben.