Sex und GrenzenStop! – Wenn sich Sex falsch anfühlt
Erst ist alles ziemlich cool, doch nach kurzer Zeit fühlt sich das alles irgendwie falsch an: Wie ziehen wir beim Sex Grenzen und wann werden sie für uns persönlich überschritten? Darüber sprechen wir in der Ab 21.
Cleo hat gern und viel Sex, davon erzählt sie auch regelmäßig im Liebestagebuch von Eine-Stunde-Liebe. Allerdings kennt sie auch den einen Moment, wenn im Bett auf einmal nicht mehr alles schön und sexy ist, sondern sie sich unwohl fühlt. Welche Situationen Cleo erlebt hat und was das mit ihren eigenen Grenzen gemacht hat, erzählt sie uns im Podcast!
Für guten Sex, den alle Beteiligten mögen und wollen, brauchen wir Kommunikation
Es gibt Situationen beim Sex, egal ob mit völlig fremden Leuten oder in einer Beziehung, die fühlen sich nicht gut an und wir fragen uns hinterher: Warum habe ich da überhaupt mitgemacht?
Joris Kern gibt Workshops zu einvernehmlichem Sex und sagt, Grenzen sollten wir nicht erst im Notfall, wenn wir gar keinen anderen Ausweg mehr sehen, setzen: "Eine Hand wegschieben, sich nicht mehr wohlfühlen, sich verspannen: Das sind kleine Formen des Neins. Es ist wichtig, die vorher schon mal zu etablieren und darauf zu achten."
"Es gibt Leute, die auch unsicher sind und dachten, das gefällt der anderen Person. Oder die versucht haben, ihre Bravo-Skripte abzuarbeiten und dann war es am Ende doch doof."
Bemerken wir in diesem Moment, dass die andere Person nicht auf unsere Signale achtet, könnten wir rechtzeitig aussteigen: "Dann muss ich nicht weitermachen und hoffen, dass es besser wird." Trotzdem sei es auch bei einvernehmlichem Sex klar, dass Situationen entstehen können, bei denen sich eine Person weniger wohlfühlt als die andere.
Die richtige Kommunikation sei in diesem Fall das Wichtigste, sagt Joris Kern: "Das klingt erst mal ein bisschen komisch, weil wir alle lernen, dass guter Sex wortlos funktioniert." Es gehe nicht darum, dass beim Sex keine Fehler passieren dürfen, sondern wie wir hinterher damit umgehen. Joris rät, das gemeinsame Klären von sexuellen Vorlieben und Grenzen als normalen Teil des Miteinanders zu etablieren.
"Auch wenn mal was schief geht und sich etwas nicht gut angefühlt hat, ist es möglich, darüber empathisch zu reden und zu diskutieren, wie es beim nächsten Mal vermieden werden kann."
Männer müssen vom Feminismus lernen und ihre Privilegien hinterfragen
Die #MeToo-Debatte hat das Thema Sexismus in den Mittelpunkt gerückt, zum Beispiel auch in Form von nicht einvernehmlichem Sex. Viele Frauen haben damals zum ersten Mal über ihre Erfahrungen gesprochen. Christoph May beschäftigt sich mit kritischer Männlichkeit und gibt dazu Seminare, er findet, dass Männer sich nicht ausreichend an dieser Debatte beteiligt haben.
"Keine schwammigen Nachfragen stellen, sondern konkret fragen: Darf ich dir einen Zungenkuss geben? Und dann hat sie auch wirklich nur dafür eingewilligt, sie hat dich nicht zum Sex eingeladen."
Christoph hat sich angewöhnt, seine Partnerin beim Sex regelmäßig zu fragen, ob sie sich wohlfühlt oder worauf sie Lust hat. So will er gewährleisten, dass jede Stellung, jede Situation immer einvernehmlich ist. Das sollten alle Männer machen, findet er, denn entgegen mancher Behauptung sei diese Kommunikation sogar sehr sexy: "Was könnte denn erotischer sein als ein stundenlanges Gespräch mit meiner Partnerin?"
Einvernehmlicher Sex, Grauzone oder sexuelle Nötigung?
- Die #MeToo-Debatte hat ab 2017 Menschen dazu aufgefordert, über ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung zu sprechen. Gerade weiblich gelesene Personen haben innerhalb weniger Stunden Tausende, inzwischen Millionen Posts dazu geschrieben. Eine Konsequenz der Debatte war die Verurteilung des Filmproduzenten Harvey Weinstein zu 23 Jahren Haft wegen Vergewaltigung und und sexueller Belästigung. Mehr als hundert Frauen hatten Vorwürfe erhoben.
- Wenn beim Sex nicht detailliert über einzelne Handlungen gesprochen wird, Leute sich unwohl oder sogar zu etwas gezwungen fühlen, was sie nicht wollen, beginnt eine Grauzone zwischen einvernehmlichem Sex und einer Vergewaltigung. Dazu gibt es in Deutschland keine offiziellen Zahlen. Laut Terre de Femmes geben aber 13 Prozent aller Frauen an, dass sie schon mal strafrechtlich relevante Formen von sexueller Gewalt erlebt haben.
- Seit 2016 gilt das neue Sexualstrafrecht Nein heißt Nein und soll es Opfern von sexueller Gewalt möglich machen, die Täter auch anzeigen zu können, wenn sie sich nicht körperlich gewehrt haben. Es werden nun mehr Fälle angezeigt, tatsächliche Verurteilungen von Tätern sind aber nicht exponentiell gestiegen, da der Beweis der Tat oft schwierig ist. Der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland geht davon aus, dass nur zehn Prozent der Anzeigen zur Verurteilung führen.