Gotthard-BasistunnelEs wird in Toten pro Tunnelkilometer gerechnet
Es war von Anfang an ein Projekt der Superlative. Der längste Tunnel der Welt. Über 57 Kilometer ist der Gotthard-Basistunnel lang. Weit über 2000 Leute haben 17 Jahre lang unter dem Berg gearbeitet. Aber der Tunnel forderte auch neun Todesopfer. Zur Berechnung bei Bauprojekten gibt es eine Formel: die Anzahl der Opfer geteilt durch die Tunnelkilometer.
Während des Baus des Gotthard-Basistunnels kamen in 17 Jahren neun Arbeiter zu Tode. Vier Deutsche, drei Italiener, ein Mann aus Südafrika und ein Österreicher. Am 31. Mai gab es eine Gedenkfeier am Nordportal in Erstfeld. Der Verkehr wurde gestoppt und die Namen der Toten verlesen. Und seit gestern erinnert eine Gedenktafel an die toten Bergleute.
Der Tod von Bergarbeitern gehörte bei Gotthard-Tunnelprojekten schon immer dazu. Beim Bau des ersten Gotthard-Tunnels zwischen 1872 und 1882 verloren 199 Menschen ihr Leben. Dieser Tunnel war damals ebenfalls der längste Eisenbahntunnel der Welt und besaß eine Länge von 15 Kilometern. Seit dem Bau dieses ersten Tunnels sind die Arbeiten immer sicherer geworden. Berechnet wird dies durch eine Formel, nach der die Todesopfer durch die Tunnelkilometer des Vorhabens nach seinem Abschluss geteilt werden. Damit werden die Opfer pro Kilometer ermittelt. Das Ergebnis lag beim ersten Projekt bei 13,2 Toten pro Kilometer, heute sind es 0,08 Menschen pro Kilometer, die beim Bau ihr Leben lassen.
Der Berg ist mächtig, man kann das nicht steuern
Die Menschen arbeiten bei einem derart großen Bauprojekt sehr lange zusammen. Viel länger, als bei anderen Vorhaben, die nur zwei oder drei Jahre dauern. Hier sind es zehn, zwölf oder vierzehn Jahre, die die Bergarbeiter gemeinsam arbeiten, aber auch leben.
"Der Barackennachbar, der mich nervt, nervt mich heute, aber morgen rettet er mir vielleicht das Leben."
Durch das Zusammenleben über eine so lange Zeit in einem Bergdorf haben die Bergleute alles miteinander geteilt: die großen Ereignisse wie die Geburt von Enkeln, familiäre Katastrophen oder gesundheitliche Probleme. Aber auch die kleinen Dinge des Alltags, wie den zu lauten Fernseher der Nachbarin, der durch die dünnen Wände der Baracken Lärm verbreitet.
Journalist und Buchautor Alexander Grass begleitet den Bau des Tunnels seit Jahren und spricht von einer "unsichtbaren Seilschaft" zwischen den Bergleuten. Und dass zu diesem Job schon immer auch eine fatalistische Einstellung gehört hat.
Die Erkenntnisse aus dem Gotthard-Tunnel hat man in London beim London Crossing, einem neuen Tunnelprojekt, übernommen und weiterentwickelt. Bei dem Projekt hoffen die Macher nun auf null Todesopfer pro Tunnelkilometer.