Glück im RechteckFotografieren kann glücklich machen
Einen Tag, ohne zu fotografieren, gibt es für viele von uns nicht mehr. Oft haben wir in unseren Foto-Mediatheken mehrere Tausend Schnappschüsse – eine Art visuelles Tagebuch. Das Gute daran: Fotografieren kann Glücksgefühle erzeugen.
Fee ist Fotografin. Sie hat rund 45.000 Fotos auf ihrem Smartphone – und das sind nur die, die sie privat geschossen hat. Der Fotospeicher auf dem Smartphone ist allerdings irgendwann einmal voll. Viele speichern ihre Fotos daher in einer Cloud – sobald wir diese einrichten, müssen wir keine Fotos mehr löschen, um Speicherplatz für neue Bilder freizuräumen.
Und so sammeln sich Jahr um Jahr mehr Fotos an. Wir fotografieren hier eine Telefonnummer, die wir uns merken wollen, da eine Torte, die wir gebacken haben, schnell noch ein Selfie mit Freunden und beiläufig noch unseren Kaffee, der uns mit einem erstaunten Schaumgesicht anblickt – einfach, weil wir das in diesem Moment witzig finden.
Achtsam im Moment, achtsam unserer Welt gegenüber
Der Fotospeicher wird zu dem Platz für unsere Erinnerungen an schöne Momente, Reminder für manches, das wir erledigen wollen und Inspirationen, die wir aus dem Alltag mitnehmen wollen. Aber viele Fotos, die wir machen, schauen wir uns kein zweites Mal an. Sie spiegeln den Moment wider, sind aber eigentlich nicht von großer Bedeutung.
Erlebnisse durchs Fotografieren stärker auskosten
Ist die willkürliche Sammlung an Schnappschüssen ein zum größten Teil bedeutungsloser Wust an visuellen Eindrücken? Nicht ganz, sagt eine Studie von Forschenden der US-Universitäten Southern California, Yale und Pennsylvania. Demnach profitieren wir davon, ständig und überall zu fotografieren. Wir können unsere Erlebnisse dadurch stärker auskosten. Das entspricht auch der Meinung des Achtsamkeitsforschers Stefan Schmidt. "Wenn ich ein Foto mache, denn ich schau mir die Welt, wie sie grad ist, relativ genau an", sagt er.
"Achtsamkeit hat sehr viel damit zu tun, dass ich mit meiner Aufmerksamkeit sehr in der Gegenwart bin."
Unsere Fotos bieten uns auch die Gelegenheit, mit anderen in Verbindungen zu treten: Wir schicken unsere Fotos weiter an Freunde und Familienmitglieder und teilen sie in Social-Media-Kanälen. Wir geben mit der Auswahl an Fotos, die wir mit anderen teilen oder im Netz veröffentlichen auch bestimmte Dinge über uns selbst preis. Wir zeigen anderen, was uns im Laufe eines Tages erfreut, überrascht, verärgert oder belustigt hat. Wir stärken dadurch also gewissermaßen auch unsere Bindungen zu anderen.
"Weil das einen Druck auslöst, dass das jetzt gut sein muss. Dass das gut performen muss, auf der Plattform, die ich ansteuere. Und das kann dann tatsächlich den Spaß am Fotografieren trüben."
Wenn wir uns unter Druck setzen, gute Fotos zu liefern
All das kann dazu führen, dass wir Glücksgefühle erleben, wenn wir Momente in Fotos festhalten und diese dann mit anderen teilen. Bedenklich wird es aber, sagt die Psychologin Muriel Böttger, wenn wir diese Fotos nur aus der Motivation heraus schießen, um sie zum Beispiel bei Social Media zu posten. Um anschließend noch ständig zu kontrollieren, ob die Fotos genug in den sozialen Medien performen, das heißt, viel Zuspruch in Form von Likes und Kommentaren erhalten. Dadurch setzen wir uns unter Druck, was uns den Spaß am Fotografieren wiederum möglicherweise vermiesen kann.