Gewinner oder VerliererWie wir beim Spieleabend unseren Charakter zeigen
Wolf Weidner spielt regelmäßig Gesellschaftsspiele und hat sogar eine wissenschaftliche Arbeit darüber geschrieben. Marie von Nordsprech hat einen Youtube-Kanal zum Thema Brettspiele und schreibt auch Rezensionen.
Wolf Wagner macht derzeit seinen Master in Informatik an der Uni Chemnitz und er spielt sehr gerne Gesellschaftsspiele. Sein Interesse geht sogar so weit, dass er im Rahmen seiner Bachelor-Arbeit darüber geforscht hat. Dabei ging es etwa um die Frage, ob Spielerinnen und Spieler sich von der Welt zurückziehen – also eher einsam sind? Ein Gerücht oder Klischee, das Wolf in seiner Arbeit nicht bestätigen könne. Im Gegenteil: "Sie sind eher gesellig, sozial engagiert und aktiver", sagt er.
Brettspiele in Deutschland eine Institution
Brettspiele seien in Deutschland schon immer beliebt gewesen, als Familienspiel, eine Institution und pädagogisch und sozial wertvoll, sagt Wolf.
"Das Familienspiel gilt seit Jahrzehnten als Instanz, das ist eine gute Aktivität, pädagogisch und sozial wertvoll."
Am liebsten spielt Wolf Spiele, die vergleichsweise einfach sind, aber dennoch eine gewisse Spieltiefe bieten würden. Weniger mag er Spiele mit vielen Regeln, bei denen es viel zu verwalten gelte – Wirtschaftssimulationen zum Beispiel. Wolf sagt von sich, dass er ein eher schlechter Verlierer sei. Deswegen habe er auch ein Interesse für kooperative Spiele, wo es mehr darum gehe, mehr miteinander als gegeneinander zu arbeiten.
Wolf, der selbst über 100 Spiele besitzt, sagt, gute Spiele können zwar Geld kosten, aber sie müssen nicht immer teuer sein. Spiele können auch im Freundeskreis geteilt werden, in größeren Städten gebe es auch Brettspiel-Vereine. Auch gebrauchte Spiele zu kaufen und wieder zu verkaufen, lohne sich – oft habe man dabei kaum Verluste. Häufig sei es auch so, dass Leute nur "Mensch ärgere Dich nicht" kennen würden und überrascht seien, was es darüber hinaus noch für gute Spiele geben würde.
"Oft ist es so, dass die Leute nur Mensch ärgere Dich nicht kennen und denken, dass ist alles an Brettspielen und dann positiv überrascht sind, was man heute noch so alles aufs Brett bringt."
Auch Marie von Nordsprech spielt gerne Brettspiele und teilt ihre Leidenschaft sogar auf einem Youtube-Kanal. Außerdem schreibt sie professionell Spielrezensionen und kennt die unterschiedlichsten Spielformen: beispielsweise Partyspiele, Escape- und Krimispiele, einfache Familienspiele oder Legacy-Spiele, wo sich der Spielplan im Verlauf ändern kann.
Spielerlebnis hängt auch von den Mitspielenden ab
Unterschiede gebe es auch bei den Spielertypen. Manche Menschen seien einfach nur aufs Gewinnen aus, anderen gehe es mehr um das Spielerlebnis insgesamt und einige wollen von beiden Dingen ein bisschen.
So ist das auch bei Marie: "Ich spiele schon auf Sieg. Wenn es dann vielleicht nicht so funktioniert, ist es aber nicht schlimm". Wichtig sei vor allem, dass die Spielrunde schön sei – mit entspannten Leuten, die sich auf ein Spiel einlassen würden, sagt sie. Das präge ein Spielerlebnis am allermeisten.
"Wenn da entspannte Leute bei sind oder Leute, die sich auf das Spiel einfach einlassen, dann ist das Spiel viel, viel besser, als wenn da jeder verbissen grübelt."
Stehe ein Spieleabend bei ihr an, dann sei es häufig so, dass Marie eine kleine Vorauswahl an Spielen treffe, die ihrer Meinung nach für die Gäste besonders interessant sein könnten. Für die gute Stimmung am Tisch spiele sie auch manchmal extra schlechter, weil sie sich mehr auf die Züge der anderen konzentriere, Tipps gebe und ihre eigenen Züge dann nicht mehr so gut planen könne. Sie nennt das "Erklärbär-Phänomen", sagt sie.
Marie spielt pro Jahr mindestens 200 Spiele, sagt sie. Das seien aber nicht immer komplexe Spiele, sondern mitunter auch kleine, schnelle Partyspiele. Sie spiele auch in den unterschiedlichsten Spielrunden. Wenn sie sich mit anderen Rezensenten treffe, dann sei manchmal auch Power-Spielen angesagt. Vier bis fünf Spiele an einem Abend können vorkommen, sagt sie. Dabei gehe es dann aber weniger um gemütliche Unterhaltung als vielmehr um die Spiele selbst.