GewaltverbrechenObdachlos durch Hirntrauma?
Warum lebt jemand auf der Straße? Die Gründe dafür sind oft vielfältig: Geldmangel, Jobverlust, keine Wohnung, Drogenprobleme. Aber jetzt haben Wissenschaftler in Kanada eine Studie veröffentlicht, in der sie sagen, dass Obdachlose eventuell durch ein Hirntrauma auf der Straße landen.
Wissenschaftler vom St.-Michaels-Krankenhaus in Toronto haben 111 obdachlose Männer untersucht. Bei fast der Hälfte von ihnen haben sie entweder eine einfache oder sogar mehrfache Hirnverletzungen festgestellt - oft ausgelöst durch Angriffe oder Unfälle. Es geht um "traumatic brain injuries", also "Schädel-Hirn-Traumata". Unter dem Begriff werden ganz verschiedene Verletzungen des Schädels zusammengefasst – immer mit Hirnbeteiligung. Es ist also mehr als eine Platzwunde oder ein Bruch.
Obdachlose haben oft unerkannt ein Schädel-Hirn-Trauma
"Oft sind Schädel-Hirn-Traumata nicht so schwer und werden deshalb auch nicht erkannt oder behandelt."
Schon 1995 hieß es in einer Studie, dass die Wahrscheinlichkeit bei Obdachlosen für eine Hirnverletzung erheblich höher liegt als bei anderen armen Menschen. Und 2008 ging es um einen Zusammenhang zwischen Hirnverletzungen bei Obdachlosen und "sozialem Versagen" – und genau da klinkt sich die aktuelle Studie ein. Denn die kanadischen Forscher vermuten, dass unerkannte und unbehandelte Hirnverletzungen dazu führen, dass die Betroffenen sich schlecht fühlen, weil sie nicht so „funktionieren“, wie es in der Gesellschaft als normal angesehen wird.
"Von den Obdachlosen, die die Forscher untersucht haben, hatten die meisten - 87 Prozent - ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, bevor sie auf der Straße gelandet sind. Und viele waren bei ihrer ersten Verletzung auch noch nicht erwachsen."
Die Forscher schreiben aber auch, dass die komplexen Zusammenhänge zwischen Obdachlosigkeit, Schädel-Hirn-Verletzungen und auch Geisteskrankheiten noch viel genauer untersucht werden müssen.