Das GeschichtsbüroWenn Archivare zu Detektiven werden
Für eine ältere Dame einen französischen Radrennfahrer aus den 1950ern wiederfinden; beim Wühlen in einer alten Dokumentenkiste plötzlich eine Handgranate in Händen halten – die Historiker aus einem Geschichtsbüro in Köln erleben bei ihrer täglichen Recherche und Archivarbeit viel Kurioses.
Wer glaubt, dass Historiker und Archivare nur staubige Akten wälzen, liegt ziemlich falsch, zumindest, wenn es um das Geschichtsbüro history-today aus Köln geht. Hier können sowohl Privatkunden als auch Unternehmen viele Dienstleistungen beauftragen, in denen Geschichte eine Rolle spielt.
Familienstammbäume werden, recherchiert, Dokumente zur Firmengeschichte systematisiert, alte Schriften transkribiert und Nachlässe durchforstet. Einmal kam auch eine ältere Frau in das Geschichtsbüro und beauftragte die Historiker damit, einen französischen Radrennfahrer ausfindig zu machen, mit dem sie in den 1950ern Kontakt gehabt hatte. Und die Historiker wurden tatsächlich fündig.
"Indiana Jones bin ich, je nachdem, zu welchen Kunden man vor Ort kommt, um dort Sachen einzusehen und abzuholen. Da muss man auch mal auf Dachböden steigen, die von Spinnennetzen durchzogen sind und aus den hintersten Ecken uralte Sachen herausziehen."
2006 hat Tobias Dahl das Geschichtsbüro history-today in Köln gegründet. Wer am Schaufenster des Büros vorbeigeht, könnte im ersten Moment auch denken, dass es sich um ein Möbelantiquariat handelt. In dem Ladenlokal steht ein Sammelsurium von Krügen, Spiegeln, Tischen und Truhen zum Verkauf. Selbstverständlich hat das Geschichtsbüro nur Möbel im Angebot, deren Geschichte recherchiert wurde. Die Möbel, die im Schaufenster stehen, ziehen die Menschen ganz anders an, sagt der Gründer des Büros.
Dienstleistungen rund um Geschichte
Historiker Tobias Dahl ist auf seine Geschäftsidee gekommen, weil er Dinge gerne ordnet, ein Interesse an Historischem hat und festgestellt hatte, dass keine Dienstleistungen für geschichtsbezogene Aufträge auf dem Markt angeboten wurden. Inzwischen gibt es zwei, drei Geschichtsbüros in Deutschland, die eine ähnliche Größe haben und eine ähnliche Arbeit leisten, wie das Geschichtsbüro von Tobias Dahl.
"Es sind immer tolle Erlebnisse, welche Akten man da sieht, welche Dokumente und oft auch Sachen in den Händen hält, die manchmal der Besitzer noch gar nicht gesehen hat
Im Moment arbeiten die Mitarbeiter des Büros an einem sehr großen privaten Archiv, das bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht. Das gewährt tiefe Einblicke in die Familiengeschichte des Auftraggebers und die Zeit, aus der die Dokumente stammen.
Unvergesslich ist ein Auftrag, bei dem einer der Historiker beim Durchwühlen einer Kiste plötzlich eine Handgranate gefunden hat und diese in seiner Hand hielt. Daraufhin rückte als erstes die Polizei und danach noch der Kampfmittelräumdienst an, bevor die historischen Dokumente weiter gesichtet werden konnten.
"Beim Abholen der Dokumente kramten wir in den Kartons und hatten plötzlich eine Handgranate in der Hand. Wir standen da wie versteinert. Das ist mir auch noch nie passiert. Die Mutter des Auftraggebers kam auf uns zu und sagte, ich bringe die eben weg. Und dann kam tatsächlich der Kampfmittelräumdienst. Dieses Archiv werde ich nie vergessen."