ZeitkapselCoronarchiv: Erinnerungen für die Zukunft festhalten
Seit knapp eineinhalb Jahren hat sich unser Alltag durch die Corona-Pandemie verändert. All unsere Erlebnisse und Eindrücke vom Leben in der Pandemie möchte das Coronarchiv (das sich genau so schreibt) schon heute sammeln und für die Zukunft festhalten – damit Geschichte von diversen Stimmen erzählt wird.
Ein Feuerwehrfahrzeug fährt durch eine Wohnsiedlung in München und eine Stimme ruft die Menschen dort über den Lautsprechen dazu auf, zu Hause zu bleiben. Der Gang zur Arbeit, zum Arzt oder in den Supermarkt sei weiterhin möglich.
Diese Audioaufnahme soll in den ersten Tagen der Corona-Pandemie in Deutschland im März 2020 entstanden sein. Seitdem ist sie Teil des Coronarchivs, einer digitalen Internetbibliothek der Ruhr-Universität Bochum, der Universität Hamburg und der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Heute Erlebtes für die Zukunft archivieren
Es ist der Archivbeitrag, der Christian Bunnenberg, dem Leiter des Coronarchivs, am meisten im Kopf geblieben ist. Die Aufnahme erinnert ihn an einen Katastrophenfilm. Doch sie ist wirklich passiert.
Momentaufnahmen wie diese und Eindrücke aller Art möchten die Historikerinnen und Historiker des Archivs festhalten, um eine Art Zeitkapsel von der Corona-Pandemie aufzubauen.
"Grob 70 Prozent aller Uploads sind Fotografien, meistens dann mit dem Handy und direkt hochgeladen. Die nächste Gruppe sind Texte, Filme und Tonaufnahmen – wir haben sogar ein Computerspiel dabei."
Unter den bislang mehr als 5.000 Uploads finden sich Bilder von Warnhinweisen, die auf die Abstandsregeln aufmerksam machen, Videos von Menschen, die Lieder darüber singen, zu Hause zu bleiben und Zeichnungen vom Weihnachtsmann mit Mund-Nasen-Schutz.
Jede und jeder, der Erinnerungen aus der Zeit der Corona-Pandemie in dem Archiv teilen möchte, kann mitmachen: Fotos, Screenshots von Chatverläufen, Social-Media-Posts oder Sprachnachrichten – das alles lässt sich dort hochladen.
Alle sollen Geschichte gestalten
Vor allem soll das Archiv einmal Vielfalt abbilden. Die Krisen der Vergangenheit wurden meistens von zu wenigen Menschen dokumentiert. Tagebücher zum Beispiel, die oft als Quellen für Historikerinnen und Historiker dienen, bilden häufig die Erfahrungen und Erlebnisse von Menschen ab, die mehr Geld hatten oder eine höhere Bildung. Das hat zur Folge, dass das Erlebte anderer Bevölkerungsgruppen in der Vergangenheit kaum sichtbar gemacht wurde.
Wie die Menschen in der Zukunft auf die Corona-Krise blicken und über sie sprechen, beeinflussen die Menschen also schon heute. Dafür braucht es vielfältige Stimmen und Eindrücke, schreibt das Team des Coronarchivs.
Coronarchiv braucht noch mehr Vielfalt
Deshalb wird die Seite kontinuierlich in andere Sprachen übersetzt, sagt Christian Bunnenberg. Neben Deutsch und Englisch gibt es die Onlineplattform mittlerweile auch auf Spanisch, Portugiesisch und Türkisch. Das solle Menschen aus anderen Ländern dazu bringen, dort ebenfalls ihre Erinnerungen zu teilen.
Bislang kommen die meisten Uploads aus Deutschland, viele davon von Menschen, die in der Stadt wohnen. Solange die Corona-Pandemie noch weltweit anhält, sammelt das Archiv auch weiter Beiträge.