JustizSexualstraftaten verjähren spät
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Regisseur und Drehbuchautor Dieter Wedel. Ihm werden sexuelle Übergriffe vorgeworfen, die zum Teil in den 90ern stattfanden. Wir klären, wann sexueller Missbrauch und Vergewaltigung verjähren.
Ein Element unseres Rechtsstaates ist, dass es einen Punkt gibt, an dem Straftaten verjähren, also nicht mehr verfolgt werden. Der Rechtsanwalt Udo Vetter sagt, das sei ein wichtiges Prinzip.
"Gerade im Sexualstrafrecht - wie soll man Taten überhaupt noch untersuchen und faktisch zu einem tragbaren Ergebnis kommen, wenn diese Taten 20, 30 oder 40 Jahre zurückliegen?"
Unter Professoren und in der Literatur sei das ein viel diskutiertes Thema, sagt Vetter. Viele seien der Ansicht, dass hier die Gefahr der Falschbezichtigung steige. "Keiner wird heute noch in der Lage sein, den Fall Wedel auszuklamüsern und zu einem gerechten Ergebnis zu kommen", sagt Vetter.
Die Verjährungsfrist bei schweren Sexualstraftaten wie Vergewaltigung liegt bei 20 Jahren. Bei weniger schweren Fällen sind es mindestens zehn Jahre. Allerdings gibt es seit Kurzem eine Gesetzesänderung, die eine Verjährungsunterbrechung erlaubt. Konkret bedeutet das, dass die Verjährungsfrist bei einem Opfer frühestens mit dem 30. Lebensjahr beginnt. Heißt: Wenn ein Kind oder Teenager missbraucht wird, haben er oder sie die Möglichkeit, auch noch als Erwachsene die Täter anzuklagen.
"Wenn man als Kind missbraucht wurde, ruht die Verjährung bis zum 30. Lebensjahr, und dann beginnt die Verjährungsfrist von 10 oder 20 Jahren."
Hintergrund des Gesetzes ist, dass gerade bei jungen Menschen Abhängigkeitsverhältnisse, zum Beispiel in der Familie, bestehen. Oft ist es der Fall, dass durch diese Abhängigkeiten ein Schweigen erpresst werden kann. Udo Vetter sagt, mit der Lebenserfahrung steige der Selbstbehauptungswille und damit eben auch die Bereitschaft, lange zurückliegenden Missbrauch doch noch anzuklagen.
Mord verjährt nie
Der Gesetzgeber ist also der Meinung, dass wir bei Sexualstraftaten eine außergewöhnlich lange Verjährungsfrist brauchen. Mord und Völkermord hingegen verjähren nie. Das wurde eingeführt, als NS-Verbrechen zu verjähren drohten. Und auf der anderen Seite gibt es weniger schwere Straftaten wie Schwarzfahren, Betrug oder eine Wirtshausschlägerei – die verjähren beispielsweise schon nach drei Jahren.