Land im UmbruchGeorgien: hypermodern und erzkonservativ
Georgien ist ein Land im Umbruch. Die Kunst- und Clubszene in Tiflis vibriert, gleichzeitig gibt es im postsowjetischen Staat noch reichlich konservative Strömungen. Fabian Weiss ist Fotograf, fährt seit vier Jahren regelmäßig nach Georgien und erzählt uns von seiner Faszination für das Land.
Georgien liegt an der Grenze zwischen Europa und Asien, genauer gesagt zwischen der Türkei und Russland. Es ist etwa so groß wie Bayern, rund 3,7 Millionen Menschen leben dort, die Hauptstadt ist Tiflis.
Fabian Weiss kennt das Land inzwischen recht gut. Zum ersten Mal war er 2014 in Georgien: "Das Land hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen durch seine Vielschichtigkeit", sagt er.
Im Sommer hat Fabian zusammen mit einigen Kollegen ein Buch über die Hauptstadt Tiflis herausgegeben: "Tbilisi. Archive of Transition" heißt es. Darin kommen Stadtplaner, Architekten oder Aktivisten zu Wort, die über die Umbrüche in der kaukasischen Stadt berichten.
"Die junge Generation nutzt sehr viel, was an Tradition vorhanden ist und findet dafür neue Formen, in der Kunst oder in der Musik."
Zwischen Rave, Religion und Blutrache
Als Fotograf fasziniert Fabian nicht nur die wunderschöne und vielseitige Landschaft Georgiens – Berge, Steppen, Wüste und Meer – sondern auch die Menschen dort findet er spannend. Die Hauptstädter seien dem Westen sehr zugewandt, auf dem Land gebe es noch Familien-Fehden und Blutrache: "Es gibt sehr viele abgeschiedene Dörfer, wo noch sehr alte Traditionen und rückwärtsgewandte Lebensweisen vorhanden sind".
Religion spielt für viele Georgier eine große Rolle, sagt Fabian. Auch für junge Leute sei es völlig normal, sich vor jeder orthodoxen Kirche oder jedem Kreuz zu bekreuzigen, gleichzeitig aber abends im Club zu feiern.
"Die meisten jungen Taxifahrer, die einen durch die Stadt fahren, lassen alle 500 Meter ihr Lenkrad los, um sich zu bekreuzigen."
Protestraves gegen den korrupten Staat
Die Clubszene in Tiflis ist derzeit ziemlich angesagt, auch bei Touristen aus dem Ausland. Die besten DJs der Welt legen dort auf. Einer der bekanntesten Technoclubs ist das Bassiani, das unter einem Fußballstadion liegt. Das ist auch Fabians Lieblingsclub. "Man kann sich in den Katakomben regelrecht verlaufen", sagt er. Akustik und Lichtshow seien genial.
"Die Clubs und die ganze Szene ist natürlich der zurzeit sehr konservativen Regierung ein Dorn im Auge."
Im Mai diesen Jahres wollte die Regierung gegen die Szene vorgehen, hat Drogenrazzien in einigen Clubs durchgeführt, es gab Verhaftungen, einige Clubs wurden geschlossen. Viele junge Georgier sind daraufhin auf die Straße gegangen und haben demonstriert. Fabian sagt, sie wollten für die Freiheit der Szene kämpfen, wo Menschen auch das ausleben können, was in weiten Teilen des Landes noch tabuisiert ist – Homosexualität etwa.
Totale Abgeschiedenheit in den kaukasischen Bergen
Wer zum ersten Mal nach Georgien fährt, dem empfiehlt Fabian nicht nur Tiflis als Reiseziel – neben der Hauptstadt sollte man sich auch das Land ansehen: Swanetien etwa, mit seinem "wahnsinnigen Bergpanorama". Die Waldwanderwege dort werden immer weiter erschlossen und ausgebaut. Im Winter gibt es dort Skipisten.
"Wer es noch abgelegener mag, dem kann ich Tuschetien empfehlen", sagt Fabian. Dort sei die Zeit stehen geblieben. Um hinzukommen fährt man einen Tag lang über Berge und Schotterpisten. Unterkommen kann man dort nur privat bei Familien.
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