Gender-StarSternchen für gerechte Sprache
Die Grünen haben ihn auf ihrem Parteitag eingeführt: den Gender-Star. Damit wollen sie unsere Sprache gendergerechter machen. Bislang haben wir dafür ein großes I mitten im Wort oder einen Unterstrich benutzt. Ist das umständlich oder sinnvoll?
In der geschriebenen Sprache ist so ein Gender-Star schnell eingefügt. In der gesprochenen Sprache ist es ziemlich ungewohnt "Student*innen" zu sagen. DRadio-Wissen-Nachrichtenredakteurin Doro Werkmann hat es ausprobiert: Sie war schnell genervt. Denn Sätze werden durch den Gender-Star viel zu lang. "Wenn wir vom Schriftbild reden, mag das Sinn machen, aber bei den gesprochenen Nachrichten fehlt einfach die Zeit. Wenn ich auf jede Genderformulierung achte, werde ich nicht fertig,“ sagt die Sprecherin.
"Der Gender-Star sieht schöner aus als große "I-s" oder monströse Strichkonstruktionen. Wenn er sich nicht durchsetzt, dann nicht aus gesellschaftlichen Gründen, sondern weil ihn auf der Tastatur niemand findet.“
Genau darüber haben wir auch bei Facebook mit euch diskutiert.
Männer, Frauen und alles dazwischen
Leena Simon ist Sprach- und Netzphilosophin und sie ist überzeugt von gendergerechter Sprache. "Das ist völlig selbstverständlich. Sprache prägt das Denken. Wenn ich nur über Männer spreche, denke ich auch nur über Männer nach."
Ein Beispiel aus dem Unialltag: Wenn wir eine Diskussion planen und nur von Rednern sprechen, "dann sitzen da nachher wahrscheinlich sehr viel mehr Männer als Frauen auf dem Podium", erklärt sie.
"Wenn ich nur männlich spreche, lasse ich einen Großteil der Menschheit aus dem Denken."
Wer ist in dem Text gemeint? Männer, Frauen, Transmenschen - oder alle?
Für Frauen oder Transmenschen sei es häufig schwierig zu erkennen, ob sie in Texten mitgemeint sind, sagt Leena Simon. Sie möchte Sprache aber nicht komplizierter machen als nötig. "Sprache soll dazu da sein zu kommunizieren und nicht diskriminieren." Leena arbeitet für den Verein Digitalcourage e.V., der sich für Grundrechte und Datenschutz engagiert.
"Als Philosophin habe ich sowieso schon mit sehr vielen komplizierten Sachverhalten zu tun, das will ich nicht durch die Sprache noch komplexer machen."
Unsere Sprache ist über Jahrhunderte entstanden."Da haben Männer regiert und nur sie waren wichtig. Deshalb ist unsere Sprache so, wie sie jetzt ist - ungerecht und Folge einer sehr diskriminierenden, patriarchalen Struktur", erklärt sie.
So gendert ihr richtig:
Sie und ihre Kollegen gendern so, dass Leser und Hörer es - fast - gar nicht mitbekommen. Anstelle des Sterns verwenden sie einen dezenten Punkt. Der sollte aber das letzte dieser vier Mittel sein:
- keine geschlechtsmarkierende Formen benutzen: Studierende statt Studenten
- weibliche und männliche Form in einem Satz nennen: Studentinnen und Studenten
- zwischen weiblicher und männlicher Form wechseln
- statt Binnen-I und Gender-Gap einen Punkt benutzen: Redner.in
. statt *
Der Gender-Stern sei zwar ganz gut, noch besser findet Leena Simon aber den Punkt. Das sieht dann so aus: "Wenn eine Beidnennung störend ist und sich eine geschlechtsmarkierte Form nicht vermeiden lässt, schreiben wir also z.B. "Redner.in". Der Punkt ist quasi die verkleinerte Form des "Gender-Gap" (z.B. "Redner_in") und beinhaltet auch das Wissen, dass es Menschen gibt, die sich weder männlich noch weiblich zuordnen wollen/können." Hier könnt ihr euch den Leitfaden für eine gendergerechte Sprache von Digitalcourage e.V. anschauen.
Ein Argument für den Gender-Punkt ist übrigens unsere Tastatur: Für den Stern müssen wir eine Tastenkombination verwenden für den Punkt nicht.
"Bevor ich mit dem Punkt gearbeitet habe, habe ich meine Texte erst männlich geschrieben und nachträglich gegendert. Seitdem ich den Punkt verwende, schreibe ich selbstverständlich und flüssig in einer geschlechtsneutralen Sprache."
Nervig aber wichtig
Gendern ist nötig, findet Leena Simon, auch wenn es nervt und manchmal umständlich ist. Für Leena ist gendergerechte Sprache einfach eine Gewöhnungssache. "Es ist wichtig, dass wir überhaupt darüber nachdenken." Und wie sich das gesprochen anhört, könnt ihr übrigens im Interview nachhören!