Gender Pay Gap"Und, was verdient er so?"
Entgelttransparenzgesetz klingt unsexy, ist aber sinnvoll: In Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten dürfen die Arbeitnehmer fragen, wie viel Geld ihre Kollegen verdienen. Dadurch soll die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen geschlossen werden, die es immer noch gibt. Und zwar bei gleichen Qualifikationen mit der gleichen Arbeit.
Viele Unternehmen sagen allerdings, das Gesetz sei unnötig, weil bei ihnen sowieso alle gleich bezahlt werden. Und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fragen nicht nach.
Henrike von Platen ist Gründerin und Geschäftsführerin des Fair Pay Innovation Lab. Das kümmert sich um Fragen rund um faire Bezahlung und hilft Unternehmen und Organisationen bei der praktischen Umsetzung von Lohngerechtigkeit.
"Das Dilemma bei den Unternehmen ist, dass die Lohnlücke im Einzelfall oft gar nicht sichtbar ist. Da steht die eigene gefühlte Realität einer tatsächlich messbaren gegenüber."
Als Beispiel nennt Henrike von Platen eine Untersuchung in der Schweiz, wo man vor einigen Jahren Unternehmen in einem Versuch freigestellt hat, bei sich zu testen ob es eine Lohnlücke gibt und wenn ja, wie sie aussieht. Diese Analyse sollte freiwillig und kostenlos sein. Niemand wollte mitmachen, weil alle Unternehmen meinten, für sie treffe das sowieso nicht zu.
Dann konnten einige Unternehmen überredet werden, trotzdem teilzunehmen. Von diesen wenigen Unternehmen haben anschließend weit über die Hälfte der Unternehmen in Bezug auf Lohngleichheit etwas gefunden, das in ihrem Haus verbessert werden konnte.
"Die Unternehmen kennen ihre eigenen Realitäten oft nicht. Da steckt gar nicht unbedingt eine böse Absicht dahinter."
Kleinere Unternehmen werden vom Entgelttransparenzgesetz nicht erfasst, weil es erst in Unternehmen ab 200 Mitarbeitern gilt. Für die Wirtschaftsexpertin von Platen ist trotzdem nicht die Frage, ob solche kleinen Unternehmen deshalb stärker in den Gender Pay Gap reinspielen. Die Lohnlücke zu schließen, sei keine Frage der Unternehmensgröße.
"Lohngerechtigkeit ist bei allen Unternehmen möglich. Es ist schade, dass das Gesetz nicht für alle gilt. Aber es ist gut, mit den größeren Unternehmen anzufangen."
Es sei eine Frage der Unternehmenskultur, ob ein Beschäftigter den Auskunftsanspruch wahrnehme. Sie oder er muss sich sicher fühlen. Wichtig sei, sagt von Platen, dass die Unternehmen transparente Strukturen schaffen und damit proaktiv umgehen.
Bei der Software-Firma SAP zum Beispiel gibt es wohl einen Knopf im Intranet, erklärt Henrike von Platen, da kann jeder Beschäftigte einfach draufklicken und damit seinen Auskunftsanspruch geltend machen. Es wird den Angestellten also leicht gemacht, sie werden fast schon aufgefordert, die Anfrage selbst in Gang zu bringen. Bei anderen Unternehmen werden Beschäftigte in die Ecke gestellt, wenn sie das tun.
"Es schadet nichts zu fragen. Wenn die Unternehmen zu den Guten gehören, müssen sie keine Angst haben. Und dann fragen die Beschäftigen auch."
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