Gefangenenaustausch mit RusslandWie mit Putin gedealt wurde
Es soll monatelang verhandelt worden sein, bis es jetzt zum Gefangenenaustausch zwischen Russland, den USA und auch Deutschland gekommen ist. Wer erst blockierte und welches Ziel Putin von Anfang an verfolgt hat, das hat der Zeit-Journalist Holger Stark lange recherchiert.
Für Holger Stark war der Deal mit Putin keine Überraschung. Er habe schon vor langer Zeit gehört, dass da was im Busche sein könnte und vor so etwa zwei Wochen hatte er ein Gefühl, dass es jetzt richtig losgeht.
"Ich hab schon vor langer Zeit gehört, dass da was im Busche ist und vor etwa zwei Wochen hatte ich dann ein Gefühl, dass es jetzt richtig losgehen könnte."
Als Journalist muss Stark auch ein Gespür dafür haben, mit was sich die Politik beschäftigt, mit was sich Geheimdienste beschäftigen.
Rund ein Jahr geplant
Er sagt, da bahnte sich ja vor über einem Jahr schon etwas an. Damals verhandelten die Amerikaner mit den Russen um die Basketballspielerin Brittney Griner. Schon damals wollten die Russen den in Deutschland verurteilten und in Berlin im Gefängnis sitzenden Auftragsmörder Wadim Krassikow zurückhaben. Damals ist dies nicht passiert, stattdessen ist Wiktor Anatoljewitsch But, ein Waffenhändler, freigekommen.
Der als „Tiergartenmörder“ bekannt gewordene Krassikow soll einen tschetschenischstämmigen Georgier im Kleinen Tiergarten in Berlin erschossen haben. Die Tat passierte tagsüber. Nach seiner Freilassung bestätigte der Kreml, Krassikow sei ein Agent des Geheimdienstes FSB und Mitglied einer Eliteeinheit gewesen.
Rückblickend, so die Einschätzung von Holger Stark, wollten die Russen diesen Typen hier in Berlin unbedingt haben, und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie einen anderen Deal vorschlagen würden.
Journalisten als Ziel von Repression
Krassikow tauscht Putin gegen Menschen wie den amerikanischen Journalisten Evan Gershkovich ein. Der Journalist ist in Russland zu 16 Jahren Haft verurteilt worden, angeblich, weil er ein Spion sei. In dieser Zeit hat Christina Nagel in Moskau gearbeitet.
Sie weiß, Journalistinnen und Journalisten haben es in Russland nicht leicht, einfach ihren Job zu machen. Sie sei von der Größe des Gefangenaustausches überrascht gewesen. Emotional bewegt sie die Freilassung von Gershkovich sehr, schließlich war er ein Kollege von ihr in Moskau.
Auch Oleg Orlow, mit dem sie ihr letztes Interview in Russland geführt hat, bevor sie das Land verlassen musste, ist wieder frei.
"Auch dass Oleg Orlow, mit dem ich eines meiner letzten Interviews gemacht habe, bevor ich Russland verlassen habe, jetzt wieder in Freiheit und in Sicherheit ist, freut mich kolossal."
Die in Russland festgenommenen Journalisten hätten nur ihre Arbeit gemacht, nicht spioniert. Die Festnahme habe auch bei ihr ein Umdenken ausgelöst – sie habe sich gefragt, können wir eigentlich bleiben? Am Ende habe sie entschieden zu bleiben, weil es wichtig sei, vor Ort zu sein und Dinge mitzubekommen.
"Am Ende haben wir doch entschieden zu bleiben, weil wir es einfach wahnsinnig wichtig fanden und auch immer noch finden, vor Ort zu sein und Dinge mitzubekommen."
Dennoch sei es ein Spagat gewesen. Sie musste am Ende sich und auch ihre Quellen schützen und oft entscheiden, ob der volle Name genannt werden könne oder ob ihre Gesprächspartner so für das Putin-Regime identifizierbar sein könnten.
Das sei eine Form von Selbstzensur gewesen. Bei Interviews in der Öffentlichkeit sei es auch immer wieder vorgekommen, dass da plötzlich Leute auftauchen, die interessiert zuhören. Und bei solchen interessierten Zuhörern, sagt Nagel, sollte man dann auch immer vorsichtig sein.