Füreinander da seinWie wir durch Schicksalsschläge gehen
Seine Krebserkrankung und ihr Schlaganfall: Viki und Frederic haben beides zusammen erlebt. Kommunikation macht ein Zusammenbleiben durch Krisen hindurch erst möglich, erklärt Psychologin Tanja Zimmermann.
Sie sind schon seit etwa zwei Jahren ein Paar. Schwere gesundheitliche Probleme haben Viki und Frederic von Anfang an begleitet. Zuerst musste Frederic zum zweiten Mal wegen eines Gehirntumors behandelt werden. Heute sagt Viki über die erste gemeinsame Zeit mit Frederic: "Es war nicht so der easy-peasy-Start. Wir kamen eigentlich gerade jeweils aus einer Beziehung."
Es hat ein bisschen gedauert, bis sie die Ernsthaftigkeit von Frederics Diagnose verstanden hat. In dieser Zeit sind Definitionen, die ihre Beziehung betreffen, in den Hintergrund getreten, findet Viki.
"Wie gehe ich damit um? Wie gehe ich damit auch gegenüber Vicky um? Das war ein ganz schönes Chaos."
Frederic sagt, dass er versucht hat, die Behandlungen des Tumors und die Untersuchungen wie eine Arbeit zu betrachten. Er musste zu einer Strahlentherapie, ist am Kopf operiert worden und musste dann wieder zur Therapie. "Viki hat mir zu verstehen gegeben, dass es nichts daran ändert, wie sie zu mir steht", sagt er über Vikis Verhalten.
Später dann kam Vikis Schlaganfall – kurz nach Silvester. Bis zur Narkose erinnert sie sich an alles. Sie hat ziemliches Glück, weil ihr Bruder sie rasch findet und ihre Familie den Notarzt ruft. Richtig verstehen kann sie das medizinische Personal allerdings nicht. Sie erkennt die Worte, aber nicht deren Bedeutung. Ihr ist nicht klar, dass sie einen Schlaganfall hatte.
Spuren ihres Schlaganfalls
Ferderic erfährt von Vikis bester Freundin von dem Schlaganfall. Er sagt: "Mir ist das Herz in die Hose gerutscht. Das hat sich ganz komisch angefühlt." Es ist der Höhepunkt der Corona-Winterwelle und er kann also nicht zu ihr: "Vicky wurde behandelt, ich saß hier und konnte nichts machen." Von Vikis Schlaganfall bleiben nur geringfügige Spuren. Das Schreiben mit der Hand fällt ihr schwerer als vorher.
"Die einzige Einschränkung, die ich habe, ist, dass ich mit rechts nicht so gut schreiben kann."
Frederic hat hingen ganz konkrete Folgeschäden. Er sieht ab einer gewissen Entfernung alles doppelt. Hinzu kommen Probleme mit dem Gleichgewicht. Unterm Strich sagt er aber: "Im Verhältnis zur Diagnose habe ich wahnsinniges Glück gehabt."
Seine Arbeitsfähigkeit ist nicht eingeschränkt, auch die Ausübung seiner Hobbys nicht. Es geht beiden mehr als okay, da sind sie sich einig.
"Wir haben schnell eine Art von Vertrautheit entwickelt. Ich habe das Gefühl, da ist ein Band entstanden, das unsere Beziehung gestärkt hat."
Eigentlich gehört auch Leichtigkeit zum Beginn einer Beziehung, eine schwere Erkrankung passt da nicht so gut, sagt Tanja Zimmermann. Sie lehrt Psychosomatik und Psychotherapie mit Schwerpunkt Transplantationsmedizin und Onkologie an der Medizinischen Hochschule Hannover.
Manche gehen offen mit der Erkrankung um, andere wollen ihr Gegenüber nicht vergraulen. "Relativ offen zeitnah darüber zu sprechen, ist gut", empfiehlt Tanja Zimmermann.
Kommunikation als Heilmittel
Aus einer Krise lassen sich allerdings auch positive Effekte mitnehmen. Posttraumatisches Wachstum nennt sich das in der Fachsprache. Grundsätzlich sollten Erkrankte den Austausch suchen. Daran sollte sich auch der Nicht-Betroffene-Part beteiligen – am besten mit klaren Ich-Botschaften allgemein zu Gefühlen, konkreter auch über Ängste und Sorgen.
In Fällen, wo beide Menschen von schweren gesundheitlichen Problemen betroffen sind, kann es auch funktionieren. Dann kann ein großes Verständnis für Erkrankung da sein – so wie bei Frederic und Viki.
"Grundsätzlich ist Kommunikation das Allheilmittel für Partnerschaft."
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