Fünf Jahre "Wir schaffen das"Extremismusforscher: "Es gibt zu viel Polarisierung"

Fünf Jahre ist es her, als Deutschland geflüchtete Menschen aufnahm und Angela Merkel kommentierte: "Wir schaffen das!". Die Gesellschaft hat das polarisiert. Bis heute, sagt Extremismusforscher Andreas Zick.

Vor fünf Jahren war unsere Demokratie fragil und zerbrechlich. Das hat Andreas Zick gesagt, Gewaltforscher an der Universität Bielefeld. Vor fünf Jahren, als Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte "Wir schaffen das!", und damit die Aufnahme von Flüchtenden in Deutschland meinte.

Und heute?

Heute möchte Angela Merkel diesen Satz nicht mehr sagen.

Und für Andreas Zick bleibt seine Aussage nach wie vor bestehen: Unsere Demokratie ist immer noch fragil und zerbrechlich. Mehr noch als zuvor.

"Wir haben große Probleme erlebt mit der Aufnahme von Geflüchteten. Europa ist zerfallen in dieser Frage."
Andreas Zick, Gewaltforscher an der Universität Bielefeld

Es seien schwierige Zeiten für die Demokratie. "In Coronazeiten hat die Demokratie noch eine andere Herausforderung", sagt Zick. Es werde intensiv diskutiert, nach welchen Regeln die Gesellschaft funktioniert. Aber das ist kein neues Thema, das ging schon vor fünf Jahren los.

Denn das Thema um "Wir schaffen das" sei immer noch präsent. "Wir haben große Probleme erlebt mit der Aufnahme von Geflüchteten. Europa ist zerfallen an dieser Frage." Und die Herausforderungen würden nicht weniger. Das größte Problem für Zick: die Polarisierung.

Vorurteile führen zu Hassverbrechen

"Migration und Flucht sind unglaublich polarisierend, da müssen wir drüber hinweg", sagt der Gewaltforscher. Denn diese Themen zögen immer wieder auch Hass und Verbrechen nach sich. 2015 habe es etwa 20.000 vorurteilsgeleitete Hass-Taten gegeben. Das habe sich inzwischen zwar gebessert, doch die beiden Gruppen, die sich in der Frage gegenüberstehen, gibt es immer noch. Und: "Diese Gruppen haben sich weiter polarisiert."

"Migration ist ein Motor für die gesellschaftliche Veränderung und kein Lippenbekenntnis."
Andreas Zick, Gewaltforscher an der Universität Bielefeld

2016 sei die Willkommenskultur in Deutschland eingebrochen, die Bedrohungswahrnehmung sei umso stärker gewesen. "Damals haben wir gesagt, wir brauchen ein Leitbild, das auch Integration beinhaltet", so Zick. Denn in allen Studien zum Thema Migration tauche immer auch die Idee auf "Immigranten gehören nicht zu uns". Dabei habe etwa ein Viertel der Bevölkerung einen Migrationshintergrund.

Dieses Ablehnende sei ein Problem. "Wir brauchen eine Demokratie, die sich positiv wandelt, auch durch Migration", so Zick. "Migration ist ein Motor für die gesellschaftliche Veränderung und kein Lippenbekenntnis."

Ziel müsse es darum sein: Vorurteilsmuster zu bekämpfen! Und es dürfe nicht immer so eine extreme Polarisierung geben.