FreundschaftWie wir unsere Liebe füreinander zeigen
Freundschaften werden für uns immer wichtiger - und sie bestehen oft länger, als manche Partnerschaft. Helin und Mika beispielsweise sind seit 15 Jahren beste Freundinnen, ohne einen Streit. Soziologin Leoni Linek erklärt, warum gerade Freundschaften in der aktuellen Zeit so einen riesigen Stellenwert für uns einnehmen.
Helin und Mika sind schon seit ihrer frühen Kindheit Freundinnen. Warum sie sich angefreundet haben, wissen sie heute nicht mehr genau. Was aber klar ist, dass nichts zwischen die beiden kommt. Auch nach fünfzehn Jahren Freundschaft haben sie noch nie das Gefühl gehabt, dass sie sich in unterschiedliche Richtungen entwickeln. Die beiden haben sich noch nicht einmal gestritten.
"Egal in welchem Alter wir sind, ob in der Grundschule, Gymnasium oder Studium, haben wir Übernachtungsabende gemacht."
Ihr Ritual war es immer, genug Zeit einzuräumen für die andere, indem sie regelmäßig Übernachtungsabende einplanen. Helin erzählt, dass sie bei den Abenden entweder die komplette Zeit zum Durchquatschen nutzen oder auch mal einen Harry-Potter-Filmmarathon einlegen.
Freundschaftsbeweise
Hinter der Freundschaft zwischen Helin und Mika steht eine einfache Grundregel: Egal, ob eine von beiden mal durch eine längere schwierige Zeit geht, es gibt immer Raum für die andere Person, über sich zu sprechen.
"Wir sagen, 'ich hab dich lieb' oder 'ich liebe dich'."
Zu ihrer persönlichen Freundschaftssprache gehört, dass sie sich offen und frei sagen können, dass sie sich lieb haben und sich umarmen oder auf die Wange küssen. Mika hat einen besonderen Status für Helin, im Gegensatz zu ihren anderen Freunden. Ganz besonders schön und wertschätzend, erzählt Helin, ist, dass sich die beiden immer schreiben, wenn sie zu Hause angekommen sind.
Freundschaften haben neuen Stellenwert
Soziologin Leoni Linek hat über Freundschaften geforscht und erklärt, dass sich der Wert von Freundschaften in der heutigen Zeit geändert hat. Sie nehmen mittlerweile eine größere Rolle als Ersatz und Ergänzung des klassischen Familienmodells ein. Dabei sind die Grenzen von Freundschaften und romantischen Liebesbeziehungen schwammig.
"Wir sehen das zunehmend, dass sich das freundschaftliche Ideal in einem bestimmten Milieu eher in die Richtung von einem Liebesideal entwickelt."
Unsere Partner*innen sind heute zum Beispiel oftmals auch unsere besten Freund*innen und nicht ausschließlich romantisch mit uns verbunden. Bei Männerfreundschaften ist es in den letzten Jahren ebenfalls immer mehr möglich, offen Zuneigung und Fürsorge zu zeigen. Lange war diese sogenannte "caring masculinity" durch Homophobie in Westeuropa eher verpönt.
Wie weit Freundschaften gehen dürfen oder in welcher Form wir kommunizieren in einer Freundschaft bleibt uns selbst überlassen. In der Wissenschaft hingegen unterscheidet sich die Freundschaft von der Partnerschaft nur durch das Ausleben der körperlichen Sexualität.