Frankreich und EuropaWie das Thema Migration die Wahlen beeinflusst
Bei den Wahlen in Frankreich haben extrem rechte Parteien gewonnen. Themen wie Einwanderung und Asyl haben dabei eine wichtige Rolle gespielt. Was bedeutet das für die Zukunft der EU? Ein Vortrag der Politikwissenschaftlerin Jutta Hergenhan.
In Frankreich hat die extrem rechte Partei Rassemblement National mit großem Abstand die Wahl zum Europaparlament gewonnen. Migration ist ein zentrales Thema für die Partei. Sie möchte zum Beispiel die Möglichkeit, auf französischem Boden Asyl zu beantragen, ganz abschaffen.
Wie hat sich die Debatte um Migration in Frankreich historisch entwickelt? Was bedeuten die jüngsten Wahlergebnisse für Europa und für die französische Politik auf nationaler Ebene? Um diese Fragen geht es im Vortrag von Jutta Hergenhan.
"Der Rassemblement National möchte die Möglichkeit, Asyl auf französischem Boden zu beantragen, generell abschaffen. Stattdessen soll dies nur noch in französischen Konsulaten im Ausland möglich sein."
Hergenhan ist Politikwissenschaftlerin mit Schwerpunkt Frankreich- und Gesellschaftsforschung. Einwanderung ist in Frankreich seit den 1960er-Jahren ein zentrales Thema. Die französische Wirtschaft, sagt Hergenhan, beruht wesentlich auf der Arbeitskraft von eingewanderten Personen und ihren Nachkommen.
Zugleich gibt es massive soziale Ungleichheiten, von denen überdurchschnittlich viele Menschen betroffen sind, die selbst oder deren Eltern eingewandert sind.
Wählende machen Migration für Probleme verantwortlich
Wähler des Rassemblement National, so Hergenhan, assoziieren Eingewanderte häufig mit Arbeitslosigkeit und dem Bezug von Sozialleistungen. Was, fragt Jutta Hergenhan in ihrem Vortrag, wenn die Wahlen zur Nationalversammlung nun auch vom Rassemblement National gewonnen werden? Viele Wählende bleiben vielleicht dabei, Eingewanderte für ihre eigene verschlechterte Situation verantwortlich zu machen.
"Das Image von Europa als einem Ort der Demokratie und Menschenrechte, welches ohnehin bereits stark beeinträchtigt ist, würde vermutlich weiterhin ins Gegenteil verkehrt."
Wenn der Rassemblement National die Wahl zur Nationalversammlung gewinnt, dann, so Hergenhan, wäre es auch möglich, dass er 2027 die Präsidentschaftswahl gewinnt. Damit wäre die Partei nicht nur für die französische Innenpolitik zuständig, sondern auch für die Außenpolitik und das Militär. Für die Europäische Union würde diese Verschiebung eine weitere Verschlechterung für die Demokratie und die Menschenrechte bedeuten.
Jutta Hergenhan ist Politikwissenschaftlerin und Wissenschaftliche Geschäftsführerin des Zentrums für Medien und Interaktivität an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Ihr Vortrag hat den Titel "Migrationsdebatten in Frankreich und die Wahl zum Europäischen Parlament". Sie hat ihn am 18. Juni 2024 in Gießen im Rahmen der Reihe "Europawochen" in Zusammenarbeit mit dem Forschungsnetzwerk Migration und Menschenrechte der JLU Gießen gehalten.