Gesetzesinitiative in FrankreichBußgelder für Pfeifen, obszöne Gesten, Beleidigungen
Frankreich plant eine Gesetzesinitiative gegen sexuelle Belästigung und Gewalt. Dadurch könnten Männern bald Bußgelder drohen, wenn sie verbal übergriffig werden.
Bei dem aktuellen Vorstoß geht es darum, nicht-körperliche Übergriffe bestrafen zu können, erklärt Sabine Wachs, Deutschlandfunk-Nova-Korrespondentin in Paris. Fünf Parlamentariern haben zum Thema "sexuelle Beleidigungen auf der Straße" eine Bericht vorgestellt. Darunter fallen Beleidigungen oder auch ein Bedrängen.
Eigene Strafen für Wiederholungstäter
Das könnten etwa folgende Situationen sein: Wenn ein Mann eine Frau über lange Strecken verfolgt, sie beschimpft, mit obszönen Kommentaren überzieht oder anschreit. Kurz: "Ihr einfach zu nahe kommt", so Sabine Wachs.
"Alles, was eine Frau dazu bringt, sich angegriffen, belästigt oder eingeschüchtert zu fühlen und das auf offener Straße passiert, könnte mit dem neuen Gesetz bestraft werden."
Mit dem Bericht werden zunächst nur Ideen vorgestellt, die im Gesetz berücksichtigt werden sollen. Empfohlen haben die französischen Berichterstatter, Grauzonen gesetzlich zu vermerken. Damit sind etwa extremes Anstarren, Hinterpfeifen, Knutschgeräusche, das typische Schnalzen oder Zischen gemeint. Also solche Handlungen, die im Englischen als "Catcalling" bezeichnet werden.
Als Strafen sind Geldbußen im Gespräch. Das kleinste Bußgeld soll, so die Pläne, 90 Euro betragen. Zahlt der Beschuldigte nicht und muss angemahnt werden, kann die Strafe auf bis zu 750 Euro hochgehen. Anders sollen Wiederholungstäter behandelt werden.
"Wiederholungstäter sollen zum Beispiel Seminare besuchen, in denen sie lernen, mit ihrer sexuellen Aggression umzugehen. Die Kosten für die Seminare müssen die Täter selber tragen."
Das hat einen wichtigen Hintergrund, erklärt Sabine Wachs: "Studien haben gezeigt, dass bei einigen Menschen, die schon den ersten Schritt zur sexuellen Belästigung auf der Straße gemacht haben, eine Hemmschwelle bricht." Mit den Strafen und den Seminaren will man also dagegen steuern, dass so ein Verhalten eskaliert.
Diskussionen und Kritik
Dass dieses Thema angegangen wird, wird in Frankreich überwiegend positiv aufgenommen. Anders, wenn es um die Umsetzung geht. "Da gibt es relativ Kritik", berichtet unsere Korrespondentin Sabine Wachs. Das betrifft etwa Fragen, wie entschieden werden soll, ob ein Blick eine Belästigung ist oder nicht. Schwierig auch, wie die Täter überhaupt gefasst werden sollen. Der bisherige Vorschlag lautet, Frauen sollten die betreffenden Männer direkt auf der Straße festhalten. Das kritisieren Frauenhilfsorganisationen. Sie sagen, dass es für die Frauen gefährlich werden könne, da die Täter möglicherweise aggressiv werden.
Noch ist vieles in dem neuen Gesetzesvorhaben nicht fixiert. Es soll jedoch eine entscheidende Leerstelle im französischem Recht füllen, da bisher kaum definiert ist, was unter (besonders nicht körperliche) sexuelle Belästigung fällt. Erst durch das neue Gesetz bekämen Frauen überhaupt die Möglichkeit, solche Taten anzuzeigen. Ende März soll dann ein Entwurf zu sexueller Belästigung und sexualisierter Gewalt dem Kabinett vorgelegt werden.
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