TextilhandelFluch und Segen: Second-Hand-Kleidung in Nairobi
Klamotten aussortieren und dann ab damit in die Kleiderspende. Aus den Augen, aus dem Sinn und das vielleicht in der Annahme, eine gute Sache gemacht zu haben? Doch ganz so leicht ist es nicht. Fakt ist, Altkleiderspenden sind ein riesiges Geschäft. Je nachdem, in welchen Container wir die Sachen schmeißen, landen sie beispielsweise in afrikanischen Ländern, wo sie weiterverkauft werden.
Einer der bekanntesten Secondhand-Märkte in Ostafrika ist der Gikomba Market in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Der Markt ist etwa so groß wie ein Dorf. "Es ist voll, es ist eng, es ist laut. Überall bewerben Marktschreier ihre Ware", erzählt Korrespondentin Karin Bensch.
"Tausende Leute laufen jeden Tag über den Gikomba Market. Sie kommen aus Kenia, aber auch aus Nachbarländern wie Tansania und Uganda."
Über hunderttausend Händler*innen verkaufen hier gebrauchte T-Shirts, Hosen, Hemden, Kleider, Capis – einfach alles, was man sich vorstellen kann. Die Waren kommen meistens aus den USA, Großbritannien, Asien und zum Teil auch aus Deutschland, sagt Karin Bensch.
Secondhand-Kleidung: keine Charity, sondern Business
Bei den Kleidungsstücken auf dem Gikomba Market handelt es sich zwar um Secondhand-Kleidung, die aber wird den Menschen vor Ort nicht gespendet. Das heißt: Die Sachen können als Spende in Altkleidercontainern abgegeben worden sein, werden dann aber über kommerzielle Textilhändler weitervertrieben.
"Menschen wie Nancy kaufen die Secondhand-Kleidung den Textilhändlern ab, um sie wiederum an die Händler auf dem Gikomba Market zu verkaufen. Es ist eine lange Händlerkette."
Da ist zum Beispiel Nancy. Die Geschäftsfrau kauft die von Übersee gelieferten und in riesige Bündel zusammengepressten Klamotten den Textilhändler*innen ab. Die Ware verkauft sie dann weiter an die Händler*innen auf dem Markt, die sie wiederum an die Marktbesucher verkaufen.
Auswirkungen der Textilflut auf Umwelt und Wirtschaft
Die Tatsache, dass die Textilien kommerziell vertrieben werden, hat gute und schlechte Seiten – zum Beispiel die enorme Umweltverschmutzung. Karin Bensch berichtet von einem Fluss, verschmutzt mit billigen Textilien und synthetischen Fasern. Außerdem seien überall wilde Müllkippen, die aus Bergen an Altkleidern bestehen.
"Der Fluss hinter dem Markt war regelrecht vollgestopft mit Altkleidern."
Eine andere seit Jahren erhobene Kritik ist, dass das Verschiffen von Altkleidern nach Afrika die örtliche Textilindustrie zerstört. Denn neue vor Ort produzierte Klamotten können preislich gegenüber den günstigen Secondhand-Sachen gar nicht mithalten.
Auf der anderen Seite, sagt Karin Bensch, sind durch den Gikomba Market Tausende neue Jobs entstanden. Da seien zum Beispiel die vielen Näherinnen, die Secondhand-Kleidung ausbessern, anpassen oder direkt umnähen und daraus neue Mode schaffen, die in Kenia zurzeit sehr angesagt ist. Oder auch Alois. Er verkauft seit fast zwanzig Jahren gebrauchte T-Shirts und Hemden und sagt, dass ihm das ein relativ gutes Leben ermöglicht.