UmweltkatastropheFischsterben in der Oder – Mikroalge unter Verdacht
Mit einem DNA-Test wollen Forschende nachweisen, dass eine einzellige Grünalge das massenhafte Sterben von Schnecken, Muscheln und Fischen im deutsch-polnischen Grenzfluss Oder verursacht hat. Das Kochsalz, das im Fluss entdeckt wurde, ist ein Hinweis darauf, dass diese Naturkatastrophe menschengemacht ist.
Für die Umweltkatastrophe im deutsch-polnischen Grenzfluss Oder bei dem massenhaft Schnecken, Muscheln und Fische verendet sind, könnte eine einzellige Mikroalge verantwortlich sein. Experten haben den Verdacht, dass es sich bei dem möglichen Verursacher um eine bestimmte Art von Grünalge handelt: Prymnesium parvum. Forschende versuchen nun, diese Annahme mit Labortests zu bestätigen.
"Bei einer hohen Salzkonzentration, zusammen mit der Wärme, kann ihre Zahl explosionsartig ansteigen – das ist dann eine sogenannte Algenblüte, bei der die Algen auch große Mengen ihres Gifts freisetzen können."
Der ursprüngliche Verdacht fiel zunächst auf Quecksilber, wurde dann aber wieder verworfen. Danach stellten Forschende fest, dass die Konzentration der einzelligen Grünalge im Oderwasser zurzeit sehr hoch ist. Rund 100.000 Algen pro Milliliter stellten die Forschenden des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei fest.
Menschengemachte Katastrophe: Kochsalz im Wasser der Oder
Die Algen kommen bevorzugt in Brackwasser vor, also Wasser mit einem Salzgehalt von 0,1 bis einem Prozent. Das gibt es zum Beispiel dort, wo ein Fluss ins Meer mündet. Ein Süßwasserfluss ist also nicht ihre natürliche Umgebung.
"Natriumchlorid fällt in sehr vielen Industrien und im Bergbau an. Daher gibt es wenig Hinweise, wo es herstammen könnte, weil es so unspezifisch ist."
Durch das Natriumchlorid, also Kochsalz, im Wasser der Oder und die erhöhte Temperatur des Wassers durch die Hitze, hatten die Grünalgen einen Wachstumsvorteil im Fluss – es kam zur sogenannten Algenblüte. Der wissenschaftliche Begriff für einen explosionsartigen Anstieg der Algen.
Kochsalz könnte Abfallprodukt aus Industrie oder Bergbau sein
Das Kochsalz, das im Wasser entdeckt wurde, könnte ein Abfallprodukt einer Industrieproduktion oder des Bergbaus sein. Wahrscheinlich ist, dass das Salz illegal in der Oder entsorgt wurde. Daher sprechen manche Expert*innen auch bereits von einer menschengemachten Naturkatastrophe.
"Diese Katastrophe ist menschengemacht, wie Gewässerexperte Tobias Goldhammer betont, weil Menschen etwas in den Fluss eingeleitet haben, was die Salzkonzentration total in die Höhe getrieben hat."
Was wir über die Grünalge Prymnesium parvum wissen
Die einzellige Grünalge Prymnesium parvum ist noch nicht ausreichend erforscht, daher ist nicht viel über ihre Lebensweise bekannt, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Verena von Keitz. Einige Forschende gehen aber davon aus, dass die Mikroalge fortwährend Toxine gegen Fressfeinde ausscheidet.
In kleineren Mengen ist das kein Problem für Fische und andere Wasserbewohner, aber bei einer Algenblüte wird das Wasser sozusagen mit Giftstoffen vollgepumpt.
Die Schleimhäute der Kiemen von Fischen, Schnecken und Muscheln können dadurch gereizt werden. Das wiederum kann dann zu einer erhöhten Schleimbildung führen. Die mögliche Folge: Irgendwann kann kein Sauerstoff mehr aus dem Wasser in das Kiemengewebe und in die Blutgefäße der Tiere gelangen. Und das führt dazu, dass sie letztendlich ersticken, so wie es in der Oder passiert ist.