Erfolg der StreamingdiensteKinos müssen sich nach der Pandemie neu erfinden
Bald öffnen in Deutschland wieder die Kinos. Die große Frage für die Betreiber: Wie können sie die Zuschauer wieder in die Kinos locken, wo sie monatelang auf der Couch gestreamt haben?
Filme schauen im Jogginganzug, aufs Klo gehen, wann man möchte, essen, was und wie laut man möchte – seit der Corona-Pandemie haben viele von uns die Vorzüge von Streamingdiensten lieben gelernt.
Genauso freuen sich aber viele Menschen, dass die Kinos ab 1. Juli wieder geöffnet sind. Auch viele von euch haben uns geschrieben, dass ihr euch sehr auf die Kinoöffnungen freut.
Wie der Kinobesuch in diesem Jahr aussehen wird und wie gut die Kinos wirklich wieder von den Menschen angenommen werden, werden wir erst am Ende des Jahres sehen.
Fest steht, dass wir eine Menge an Kinos zur Auswahl haben werden, denn erstaunlicherweise scheinen viele Kinos die Pandemie vorerst überlebt haben: Nur acht Insolvenzen wurden angemeldet, berichtet Christine Berg, Chefin von HDF-Kino (Hauptverband Deutscher Filmtheater), dem größten deutschen Kinotreiber-Verband mit knapp 800 Kinos deutschlandweit.
"Das ist erstaunlich. Wir haben tatsächlich in ganz Deutschland nur acht Insolvenzen."
Die Förderprogramme des Verbands HDF-Kino, vor allem das Kurzarbeitergeld, hätten geholfen, sagt Christine Berg.
Spannend bleibt die Frage, wie es mit den Kinos weitergehen wird, wenn die Corona-Hilfen wegfallen und wie sich die Kinos gegen die Konkurrenz der Streamingdienste behaupten werden, sagt Deutschlandfunk-Nova-Filmexperte Tom Westerholt.
Nicht alle wollen zurück ins Kino
Viele von uns haben sich an das bequeme Kino mit einer riesigen Auswahl an Filmen zuhause gewöhnt. Eine Umfrage des us-amerikanischen Online-Portals The Direct hat unter tausenden Teilnehmenden herausgefunden, dass selbst für Marvel-Blockbuster in Zukunft nur noch zwei Drittel ins Kino gehen würden.
Bei "Nicht-Blockbustern" ist die Kino-Lust noch niedriger: Für ein Drama oder eine Komödie würden in den USA nur noch ein Drittel der Befragten ins Kino gehen.
"Die Streamer haben alle aufgerüstet, und wir haben uns an Bequemlichkeit gewöhnt."
Laut einer aktuellen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung würden 15 Prozent der Befragten vorerst nicht mehr ins Kino gehen. Diese müsse das Kino zurückgewinnen, sagt Christine Berg.
Immerhin geben 7 Prozent an, häufiger ins Kino gehen zu wollen als vor der Pandemie.
Kino neu gedacht
Christine Berg ist sie der festen Überzeugung, dass sich das Kino auch bei uns in Deutschland neu erfinden muss. So konnte sie schon vor der Pandemie feststellen, dass vor allem große Live-Events wie Opern- oder Ballettübertragungen, die mit klassischen Filmen wenig zu tun haben, große Zugpferde für die Kinobranche waren. Darauf sollte man auch in Zukunft setzen.
Zudem plädiert Christine Berg dafür, nicht gegen die Streaming-Dienste anzukämpfen, sondern eher mit ihnen gemeinsam zu arbeiten.
"Ich glaube auch, dass man tatsächlich auch als Kino - und das überlegen wir als Verband - vielleicht sogar mit Streaming-Diensten gemeinsam was machen sollte."
Dabei wird vor allem die Frage, welche Filme überhaupt noch für das Kino produziert werden und bei welchen es sich nicht mehr lohnen werde, in Zukunft eine große Rolle spielen, sagt Deutschlandfunk-Nova-Filmexperte Tom Westerholt.
Er vermutet, dass vor allem Dramen und Komödien sich immer mehr in die Streamingwelt verlagern werden. Science-Fiction, Fantasy und große Action wird man in Zukunft wohl eher auf den großen Leinwänden sehen.
Der große Einfluss von Amazon, Netflix und Co.
Klar ist auch: Die Streaminganbieter schlafen nicht. Ihr Einfluss auf die Filmindustrie wird auch in den kommenden Jahren zunehmen.
Ein aktuelles Beispiel: Amazon hat kürzlich die Filmproduktionsgesellschaft MGM, Metro Goldwyn Mayer, aufgekauft. MGM hatte beispielsweise die James-Bond-Filme produziert. Möglicherweise wird also der neueste James-Bond-Film, dessen Filmstart aufgrund der Corona-Krise immer weiter verschoben wurde, nur noch bei Prime Video anstatt in den großen Kinos ausgestrahlt werden, vermutet Tom Westerholt.
Auch Disney hat bereits einige Ankäufe getätigt: Pixar, Lucasfilm und auch 20th Century Fox. So kann der Konzern mit all seinen Inhalten jonglieren und überlegen, was er ins Kino bringen möchte und was nur auf Disney+ zu sehen sein soll.
In Zukunft werden sich Filme wohl immer mehr aufteilen auf Kino und Streamingdienst.
"Alle Inhalte werden in Zukunft immer mehr auf Kino und Stream verteilt werden."