Film über den SteinzeitmenschenAchtung, jetzt spricht Ötzi!
Ötzi-Fashion, Ötzi-Tattoos oder Ötzis Leiden - darüber wissen wir eine Menge. In einem Kinofilm können wir jetzt hören, welche Sprache Ötzi gesprochen hat. Ein bisschen Fantasie ist aber auch dabei.
Die Gletschermumie Ötzi ist so etwas wie ein Superstar der Wissenschaft. Nun hat sie ihren eigenen Kinofilm. In "The Iceman" mit Jürgen Vogel in der Hauptrolle bekommt Ötzi auch eine eigene Stimme und Sprache. Und diese Sprachform auszutüfteln, war gar nicht so einfach.
Wie der 5300 Jahre alte Steinzeitmensch wirklich gesprochen hat, das können die Wissenschaftler nicht genau sagen, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Teresa Nehm. "Denn um eine alte Sprache untersuchen zu können, brauchen Sprachwissenschaftler originale Schriftstücke." Und die gibt es aus der Zeit, in der Ötzi gelebt hat, nicht.
Mit ein bisschen Fantasie
So hören die Zuschauer des Ötzi-Films eine Art Sprachenmix: Basis ist das Rätische. Eine Sprache, die etwa zwischen 600 bis 500 vor Christi in Tirol gesprochen wurde. Diese wurde von einem Sprachwissenschaftler für den Film weiter ausgearbeitet und ausgeschmückt. Denn das, was die Wissenschaftler bisher an rätischem Wortschatz kennen, ist nicht unbedingt abendfüllend, erklärt der Archäologe Günther Kaufmann vom Südtiroler Archäologiemuseum.
"Die wenigen Worte, die meistens auf den Inschriften vorhanden sind, kann man lesen, interpretieren und ins Heutige übersetzen. Aber man kann damit nur einen kleinen Teil dieser rätischen Sprache verstehen."
Es ist auch nicht auszuschließen, dass Ötzi vielleicht doch eine etwas andere Sprache gesprochen hat. Für Sprachen, die noch älter sind als das Rätische gibt es beispielsweise Anhaltspunkte in der heutigen Sprache oder in alten Ortsnamen.
Auf der Suche nach Ötzis Stimme
"Die Sprachen, die davor gesprochen worden sind, kennen wir aufgrund der Rekonstruktion von Sprachwissenschaftlern", erklärt der Archäologe Günther Kaufmann. So gibt es in Tirol noch einzelne Worte, die auf das sogenannte Ur-Rätisch zurückgehen.
Bei der Gestaltung von Ötzis Stimmfarbe konnten sich die Filmemacher jedoch an ersten Ergebnissen orientieren. Ein Forschungsprojekt hatte 2016 anhand der Beschaffenheit des Stimmbandkanals untersucht, wie Ötzi klingen könnte. Heraus kam eine Reihe einzelner Vokale, die in recht tiefen, brummigen Ton vorgetragen wurde. Auch dies sei laut Forscherteam nur eine Annäherung an die Stimme: Für eine genaue Rekonstruktion fehlen einfach zu viele Daten.
Am wichtigsten fürs Verstehen: Zuschauen
Allerhand wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse aber können wir im Film wiederfinden: Etwa, dass Ötzi zahlreiche Tattoos am Körper trug, sich in verschiedene Felle einkleidete oder welche Krankheiten ihn plagten.
Übrigens kommt der Film über das Steinzeitleben ohne Untertitel aus. Rätisch lernen müssen die Zuschauer aber auch nicht, um zu verstehen, worum es geht. Die Handlung wurde extra so geschrieben, dass sie ohne Worte verständlich ist. Die Besucher des Filmfestivals in Locarno können es zuerst ausprobieren, ob es klappt. Denn dort feiert der Ötzifilm Premiere.