Soziale KompetenzWir müssen lernen, wie Feedback funktioniert
Wir bewerten andere und verpacken es unter dem Vorwand eines gut gemeinten Feedbacks. Echtes Feedback sollten wir allerdings nur bekommen, wenn wir auch danach verlangen - alles andere sind ungefragte Rückmeldungen, sagt Arbeitspsychologe Theo Wehner.
Mit gegenseitigem Bewerten, das Weiterentwickeln jedes Einzelne vorantreiben: In manchen Unternehmen wird das mithilfe von Feedbacksoftware umgesetzt. Beim Onlinehändler Zalando können sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Beispiel mithilfe der Software Zonar gegenseitig bewerten. Für die Mitarbeiter sei das ständige Bewerten nur bedingt hilfreich, sagt Arbeitspsychologe Theo Wehner von der Uni Zürich.
Denn: Feedback gibt man denjenigen, die danach fragen. Mit diesem Leitsatz arbeite die Psychologie schon seit Langem. Auch Sätze wie "Was ich dir schon immer mal sagen wollte…" sind kein Feedback sondern eine Art von Rückmeldung – nach der unser Gegenüber nicht gefragt hat.
"Es ist wichtig, dass wir lernen, viel differenzierter zu bewerten, als die Arbeitsweise einer Person als gut oder schlecht zu bewerten."
Fragen wir hingegen aktiv nach einem Feedback, ist das ein Zeichen von Vertrauen: Laut des Arbeitspsychologen setzten wir dann darauf, vertrauensvolle Informationen zu bekommen, die uns beim Weiterentwickeln unterstützen.
Bewertungssysteme dienen oft dem Überwachen
Ein Großteil der eingesetzten Programme, wie Zonar, würden daher vielmehr dem Überwachen und Selektieren von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dienen. Fühlen wir uns ständig beobachtet, bauen wir uns ein zweites Gesicht auf.
"Ständiges Bewerten heißt: Wir können keine Launen mehr ausleben. Wir sind aber manchmal nicht gut gestimmt – in der Familie, im öffentlichen Raum und am Arbeitsplatz."
Wir kontrollieren unsere Gefühle und passen uns in sozialen Situationen an: Statt spontan auf etwas zu reagieren oder einfach schlecht gelaunt zu sein, setzen wir ein Lächeln auf. Damit zerstören wir unser erstes Gesicht – unsere tatsächliche Persönlichkeit, sagt Theo Wehner.
Solche Maßnahmen führen eher dazu, das Vertrauen in unseren Arbeitgeber zu schwächen. Unser Engagement nimmt ab und die Ängste vor ständiger Beobachtung nehmen zu.
Der Fall bei Zalando
Mit dem internen Bewertungssystem des Onlinehändlers Zalando, können sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenseitig bewerten. Der im Anschluss ermittelte Score ordnet sie in drei Kategorien ein: Top Performer, Good Performer und Low Performer, das bildet eine Studie der Humboldt-Uni Berlin im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung ab.
"Diese Gruppeneinteilung, sagen die Forscher, kann darüber bestimmen, wer befördert wird und wer wie viel Gehalt bekommt."