Fast FashionWarum wir zu viele Klamotten kaufen
Obwohl wir wissen, dass Fast Fashion keine gute Sache ist, erliegen manche von uns den Angeboten immer wieder aufs Neue. Auch unsere Kollegin Esther Ritscher kennt das Gefühl. Die Sozialpsychologin Janina Steinmetz erklärt, warum das so ist und was wir dagegen tun können.
Das Wochenende rückt näher, die Party steht an und irgendwie muss ein neues Outfit her – und zwar möglichst schnell! Ein Klick, zack, haben wir ein neues Kleid im Warenkorb oder das ein oder andere billige Teil aus der Stadt geshoppt. Fast-Fashion ist für viele von uns einfach zu schnell zu haben und das Angebot zu verlockend – obwohl wir wissen, dass wir dadurch unfaire, teilweise sogar gefährliche Arbeitsbedingungen unterstützen und Unmengen an Müll produzieren.
So schnell geht "Kaufrausch"
Auch Esther aus dem Deutschlandfunk-Nova-Team war den Versuchungen lange Zeit erlegen, berichtet sie. Schon in ihrer Jugend hatte sie eine intensive Shopping-Zeit. Mit 16 Jahren hätte sie mit ihren Freundinnen regelrechte Ausflüge in Richtung Primark unternommen und säckeweise Klamotten gekauft, weil alles so billig war. Das Ziel sei es gewesen, möglichst viel für sein Geld zu kaufen.
"Mit 16 bin ich nach der Schule oder am Wochenende mit Freundinnen zu Primark gefahren, was damals total neu für uns war, weil alles so billig war. Und da haben wir säckeweise Klamotten gekauft."
Heute, zehn Jahre später, schäme sie sich für ihr Verhalten von damals und würde das in der Art nicht mehr machen, sagt sie.
Fehlende Impulskontrolle beim Kauf
Dennoch: So ganz ohne Fast Fashion geht es bei ihr immer noch nicht. Im Monat kaufe sie ungefähr ein nachhaltig und fair produziertes Teil, der Rest sei immer noch Fast Fashion – manches davon immerhin Secondhand. "Ich glaube, ich hab keine Impulskontrolle. Ich finde das Teil in dem Moment schön und kaufe es mir dann", gesteht sie.
So kann es immer noch passieren, dass sie sich ein cooles Kleidungsstück für ein mögliches Event kaufe, das aber weder geplant sei, noch jemals stattfinde. Darüber ärgere sie sich dann am meisten. "Ich könnte wahrscheinlich jeden Anlass, vom Dinner bei der Queen bis Wacken, abdecken und das muss natürlich nicht sein", sagt sie.
Gute Vorsätze beim Shoppingverhalten
Esther hortet die Klamotten aber nicht bis in alle Ewigkeit, sie sortiere auch aus und verkaufe die Teile auf dem Flohmarkt oder online, sagt sie. Viele ihrer Bekannten würden inzwischen nur noch Secondhand kaufen. Das hätte sich auch positiv auf ihr Verhalten ausgewirkt.
"Ich erinnere mich daran, dass du so große Pakete bestellt hast, dass ich mich da komplett reinsetzen konnte."
Die schlimmsten Shopping-Zeiten seien bei Esther aber vorüber, sagt auch ihre Freundin Patrizia. Sie erinnere sich noch daran, wie sie sich in die großen Pakete, die Esther damals bestellt habe, komplett reinsetzen konnte. Das habe sich in den vergangenen Jahren gebessert und Esther versuche auch in Zukunft viel stärker auf Nachhaltigkeit zu achten.
Fast Fashion - Wenn uns das Umfeld normalisiert
Die Sozialpsychologin Janina Steinmetz forscht an der Cass Business School der Universität London und beschäftigt sich unter anderem mit der Selbstkontrolle von Verbraucher*innen. Fast Fashion sei eine Versuchung, der wir öfters erliegen würden, weil jede Handlung für sich erst mal harmlos wirke. Heißt: Ein T-Shirt für acht Euro, das schnell kaputtgehe, wirke auf uns relativ unproblematisch, die Kosten seien ja gering. Problematisch werde es aber, wenn alle so denken. So komme es zu dem Problem der riesigen Müllberge von teils ungetragenen Klamotten.
"Fast-Fashion ist natürlich eine Versuchung, der wir öfter erliegen, weil jede Handlung für sich genommen so harmlos wirkt."
Das persönliche Umfeld spiele dabei natürlich auch eine große Rolle. Wenn unsere Freundinnen und Freunde Kleidung bestellen und wir hören, dass die kaum getragen wurde oder schnell kaputtgehe, dann bewerten wir so ein Verhalten auch als normal. "Warum soll ich der oder die Blöde sein, die nicht auf diesen Trend mitspringt und diese tollen Angebote nutzt?", sagt Janina.
Normalisiert das Umfeld einerseits unser Verhalten, können wir andererseits auf ähnliche Weise versuchen, auf das Gewissen und Handeln unseres Bekannten- und Freundeskreises einzuwirken. So könnten wir zum Beispiel die Klamottenberge ansprechen, das Gefühl erfragen, so viel ungetragene Kleidung zu besitzen, einen Klamottentausch vorschlagen oder auch mal auf Komplimente verzichten, wenn jemand ein neues Teil trägt.
Mentale Hürden gegen die Kaufimpulsivität
Um unseren Kaufimpuls besser zu kontrollieren, schlägt die Sozialpsychologin vor, mentale Hürden zu bauen, die den Konsum erschweren. So könnten wir beispielsweise eine 24 Stunden-Regel einführen. Heißt: Vor einem Kauf bleibt alles 24 Stunden im Warenkorb liegen. Auch könnte es helfen, die automatischen Bezahlmöglichkeiten so gut es geht abzustellen oder unsere Kreditkarte bei jedem Kauf manuell einzugeben.
"Um der Kaufimpulsivität vorzukommen, könnte man vielleicht eine 24 Stunden-Regel einführen. Alles, was ich kaufe, muss dann erst mal 24 Stunden in meinem Warenkorb liegen."
Helfen könnte es außerdem, sich beim Kauf vorzustellen, wie die Klamotte in einem Jahr ungenutzt im Schrank rumliegt oder die Farben durch einmaliges Waschen schon verblichen sind. Solche Gedankenspiele würden die Magie aus dem neuen, glitzernden Objekt nehmen und uns eventuell die Kauflust nehmen.