Extremismusforscherin Natascha StroblCorona-Leugnung und NS-Vergleiche - "Eine immense Verharmlosung"
Querdenken-Demonstrierende vergleichen sich gerne mit NS-Opfern. Die Extremismusforscherin Natascha Strobl erklärt, was daran schräg ist und wie diese Vergleiche funktionieren.
Die sichtbaren Symbole auf den sogenannten Querdenken-Demonstrationen sind ziemlich vielfältig: Blumen, Herzen, Davidsterne und bei den mancherorts offen teilnehmenden Rechtsextremen auch Hooligan-Runen und Reichskriegsflaggen.
Rednerinnen und Redner vergleichen sich bei diesen Veranstaltungen regelmäßig mit Opfern der nationalsozialistischen Diktatur – mit Anne Frank und Sophie Scholl beispielsweise.
Entwertung der NS-Opfer
Diese Vergleiche würden in der Regel ganz bewusst gezogen, sagt die Politikwissenschaftlerin und Extremismusforscherin Natascha Strobl. Die Demonstrierenden vermischten hier individuelle Befindlichkeiten und wirkliche historische Verbrechen.
Das sei aber vor allem eine Entwertung der Opfer der NS-Diktatur und der Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer, mit der zugleich versucht werde, sich selbst aufzuwerten, so Natascha Strobl.
"Es ist eine immense Verharmlosung. Aber gleichzeitig ist es auch eine Selbstheroisierung."
Mit diesen vielfältigen und wiederholten Vergleichen werde das historische Wissen um die nationalsozialistische Ideologie bewusst in den Hintergrund gedrängt.
Natascha Strobl erinnert daran, dass viele Menschen im Kampf gegen die NS-Diktatur ihr Leben gegeben haben, im Widerstand gegen eine wirkliche Diktatur, wo es zu Vernichtung und Massenmord gekommen ist.
Pathos, Heroisierung und Viktimisierung
Natascha Strobl warnt, dass ständige Wiederholungen dieser Vergleiche normalisierend wirken könnten und auf möglichst breiten gesellschaftlichen Widerspruch treffen müssen. Die Extremismusforscherin findet: "Deswegen ist es so wichtig, dass ganz viele Leute sagen: Stopp, nein, hier geht es keinen Schritt weiter."
Bei den Demonstrierenden mische sich Pathos, Heroisierung und Viktimisierung. Natascha Strobl beschreibt das als eine effektive Art der Legendenbildung: "Sie sind in dieser Geschichte Opfer und Helden zugleich." Von Naivität und mangelndem historischen Wissen sieht die Politologin hier keine Spur.
"Die Leute haben im Geschichtsunterricht aufgepasst. Die Leute ziehen diese Vergleiche genau deswegen und glauben tatsächlich, wir befänden uns hier in einer Diktatur. Das ist deren Lebensrealität."