OrgantransplantationSchweineniere funktioniert zwei Monate in menschlichem Körper

Im Juli 2023 wurde einem für hirntot erklärten Menschen die Niere von einem Schwein eingesetzt. Die Niere funktionierte dann zwei Monate lang und produzierte Urin. Für die Forschenden von der New York University ist das ein großer Fortschritt, im Vergleich zu früheren Versuchen.

8.496 Menschen stehen in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Die meisten von ihnen warten auf eine Spenderniere. 2022 gab es bundesweit 869 Organspenderinnen und Organspender. Weil es weltweit an Organenspenden fehlt, versucht die Forschung andere Wege zu finden. Einer davon ist die Transplantation von Tierorganen, sogenannte Xenotransplantationen.

Bei einem früheren Versuch im Jahr 2021 hatte eine Schweineniere für drei Tage in einem menschlichen Körper überlebt. Die Forschenden von der New York University hatten jetzt erneut einem hirntoten Patienten eine Niere eines Schweins eingesetzt, allerdings mit veränderten Bedingungen.

"Im Erbgut von Schweinen gibt es ein Gen, das ein bestimmtes Zuckermolekül produziert und darauf reagiert der menschliche Körper mit einer Abwehrreaktion."
Kerstin Ruskowski über die Genmanipulation der Schweineniere

Die transplantierte Niere stammte von einem gentechnisch veränderten "GalSafe"-Schwein. Die Schweine haben normalerweise ein Gen, das an der Produktion des Zuckermoleküls Galactose-α-1,3-galactose (Alpha-Gal) beteiligt ist. Und dieses Zuckermolekül ist dafür verantwortlich, dass der menschliche Organismus eine eingepflanzte Schweineniere bekämpft und abstößt. Bei dem neuen Transplantationsversuch wurde das entsprechende Gen ausgeschaltet.

Die Idee der Forschenden war es, so die Tierzellen daran hindern, das Zuckermolekül herzustellen und die menschliche Abstoßungsreaktion erheblich zu reduzieren.

Transplantation der Schweineniere

Die Transplantation der genveränderten Schweineniere wurde im Juli bei dem 58-jährigen hirntoten Patienten mit Einverständnis seiner Familie im Langone Health Center in New York durchgeführt.

"Es war von vornherein so geplant, dass das Experiment zwei Monate lang geht – damit der Mann jetzt bestattet werden kann."
Kerstin Ruskowski über die Dauer das Experiments

Robert Montgomery, der leitende Arzt, erklärte, dass in diesem Experiment nur die Schweineniere genverändert war und keine neuartigen Medikamente oder Gerätschaften zusätzlich angewendet wurden.

Wie im Voraus mit der Familie des Mannes besprochen, wurde das Experiment nun nach zwei Monaten beendet. Die Niere wurde wieder entnommen. Die lebenserhaltenden Maschinen wurden abgeschaltet. Und der Mann kann nun bestattet werden.

Ergebnis der Xenotransplantation

Zum ersten Mal in der medizinischen Geschichte hat es ein Team geschafft, dass eine Schweineniere zwei Monate lang in einem Menschen Urin produziert. Das ist ein Rekord und damit ein sehr großer Schritt in die Richtung von Xenotransplantationen, erklärt das Team der New York University.

"Die Forschenden wollen die gesammelten Daten und Gewebeproben auswerten und schauen, wie sich die Schweineniere über die zwei Monate verändert hat."
Kerstin Ruskowski über das weitere Vorgehen der Forschenden

Gleichzeitig ist es aber auch zu unerwarteten Abstoßungsreaktionen auf die Schweineniere gekommen. Mit immer höheren Medikamentendosen mussten diese Reaktionen unterdrückt werden.

Die Untersuchung der wieder entnommenen Schweineniere soll nun Aufschluss darüber geben, wie die Abstoßungsreaktionen zustande gekommen sind. Diese unerwartete Reaktion ist ein Rückschlag und ein Fortschritt gleichermaßen. Nun kann bei der Untersuchung gezielt nach anderen Gründen und Lösungen für diese Körperreaktion gesucht werden.

Nierentransplantation in Schwein

Es gibt auch eine medizinische Idee, die andersherum funktioniert: Forschende aus China haben kürzlich versucht, eine menschliche Niere in einem Schwein zu züchten. Es wurden menschliche Stammzellen aus dem Nabelschnurblut in einen wenige Wochen alten Schweineembryo gespritzt.

Am Ende ist dabei die frühe Vorstufe einer Niere in dem Schweineembryo herangewachsen, die zu einem ziemlich großen Teil aus menschlichen Zellen bestand. Die Forschenden werten das ebenfalls als einen großen Erfolg. Diese Form der Organzüchtung könnte in Zukunft eine weitere Möglichkeit der Xenotransplantation darstellen.