Ex-Agent Leo Martin"Meine Mutter hat 10 Jahre nicht gewusst, welchen Job ich habe"
Leo Martin hat zehn Jahre lang für den Verfassungsschutz gearbeitet und im Bereich der organisierten Kriminalität ermittelt. Seine Aufgabe: Vertrauensleute anwerben und Informationen abschöpfen.
Leo Martins ehemaligen Job beim Verfassungsschutz bezeichnet man als "V-Mann-Führer": Das bedeutet, er war unter anderem dafür verantwortlich, neue Vertrauens-Personen anzuwerben und Informationen von Ihnen zu erfragen.
"Ich war ein Bindeglied", sagt Leo Martin. "Ich habe Vertrauen zu anderen aufgebaut und diese Personen dann geöffnet. Dabei sind die Informationen nur in eine Richtung geflossen."
Kontakt und Vertrauen aufbauen
Die Informanten sollten im Idealfall gar nicht merken, welche Informationen für Martin und den Verfassungsschutz wichtig waren. "Das ist die so genannte non-direktive Gesprächsabschöpfung", sagt der Ex-Agent.
"Ich kann unter Stress klare Entscheidungen treffen."
Die ideale V-Person beschreibt Leo Martin so: "Wir brauchen den Mitläufer mit Einblick, der keine eigenen, egoistischen Motive hat." Um in Kontakt zu treten, hat Leo Martin eine andere Identität angenommen – und dennoch Aspekte aus seinem echten Leben eingebaut. "Die beste Legende ist die, die am dichtesten an der Wahrheit dran ist", sagt er. "Weil ich nur die authentisch leben kann."
Dabei gehe es darum, Schnittstellen, also gemeinsame Interessen oder Erlebnisse, zu nutzen, um eine Verbindung zum Gegenüber aufzubauen. "Denn Vertrauen entsteht über Erlebnisse."
"Ich liebe den Blick in die Abgründe der menschlichen Psyche."
Leo Martin hat im Bereich der organisierten Kriminalität ermittelt, es ging also zum Beispiel um Rauschgift- oder Waffenhandel. Insgesamt war er rund eine Dekade als Agent im Einsatz. Ursprünglich wurde er bei der Polizei ausgebildet. Und dort arbeitet er auch jetzt als Ermittler, seit er beim Verfassungsschutz aufgehört hat.
Heute hilft Leo Martin als Sprachprofiler unter anderem Menschen und Unternehmen, die durch anonyme Botschaften bedroht werden. Wie die Sprachanalyse Täter überführen kann, hat er mit Patrick Rottler in einem Buch aufgeschrieben: "Die geheimen Muster der Sprache" heißt es.
"Die beste Legende ist nah an der Wahrheit."
Im Deep Talk erzählt Leo Martin, wie er V-Leute angeworben hat, was für ihn die schwierigsten Tage in seinem Job waren, und wie sein Leben als Agent aussah.