EvolutionsbiologieWettrüsten im Ameisenstaat
Sie plündern, sie entführen, sie morden, sie versklaven. Ameisen! In den mindestens 130 Millionen Jahren, seit denen sie diese Erde schon bevölkern, haben sie erstaunliche Fähigkeiten und Verhaltensweisen entwickelt. Zum Beispiel eingebaute Kampfsäbel, chemische Waffen und ausgefeilte Schlachttaktiken, aber auch friedlichere wie Ackerbau und Nutztierhaltung.
So klein die Ameise ist, so erfolgreich hat sie sich durchgesetzt. Fast ausnahmslos kommt sie überall auf der Welt vor - zigbillionenfach. Weit über zehntausend Arten gibt es schätzungsweise. In ihrer langen Geschichte haben Ameisen ein komplexes Sozialsystem mit arbeitsteiligen Staaten entwickelt sowie ausgeklügelte Überlebensstrategien.
Dass bestimmte Ameisenarten Nutztiere halten, zum Beispiel Blattläuse, hat man vielleicht schon einmal im Biologieunterricht gehört. Die Ameisen beschützen die Blattläuse, melken sie und bringen sie sogar zu neuen Weidegründen. Weniger bekannt sind die Pilzzuchttalente der Ameisen oder die eher unsoziale Angewohnheit spezieller Arten, ganze Kolonien von Artgenossen zu versklaven. Manche der parasitären Arten können ohne Wirt, also ohne Sklaven, überhaupt nicht mehr überleben.
"Sie holen sich aus anderen Sozialsystemen die Babys kurz bevor sie erwachsen werden und verknechten sie dann, dass sie die ganze Arbeit machen."
Susanne Foitzik lehrt Evolutionsbiologie an der Universität Mainz und erforscht schon seit den 1990er-Jahren Evolution, Verhalten und Ökologie von Ameisen. Insbesondere die sklavenhaltenden Ameisen haben es ihr angetan. Vergangenes Jahr hat sie gemeinsam mit Kollegen sogar eine neue Art entdeckt. In Ihrem Vortrag "Wettrüsten im Ameisenstaat" beschreibt sie ihr Forschungsobjekt und die Vielzahl an teilweise brutalen Strategien, die die Insekten entwickelt haben - und die Abwehrmechanismen der Opfer, die ebenfalls immer besser werden und ihrerseits wiederum für Anpassungen bei den Angreifern sorgen. Koevolution heißt dieses Phänomen.
"Arten verändern sich genetisch durch Veränderungen in der anderen Art. Und diese Koevolution ist nichts, was irgendwann mal vor langer Zeit passiert ist. Das ist etwas, das jederzeit immer passiert."
Aufgezeichnet wurde der Vortrag am 25. November 2014 im Bonner Wissenschaftszentrum. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hatte Susanne Foitzik eingeladen, den aktuellen Wissensstand zum komplexen Sozialleben der Ameisen und ihre Forschungsergebnisse im Rahmen der öffentlichen Vortragsreihe "Exkurs" vorzutragen.